Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 30

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Daran sollten wir in den nächsten Wochen, die uns noch für den Abschluss einer all­fälligen Koalition verbleiben, denken. (Beifall bei der ÖVP.)

11.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Rossmann zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.04.24

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es ist schon richtig, die österreichische Wirtschaft steht im Moment gut da. Wir verzeichnen ein Wirtschaftswachstum in einer Höhe, die erstmals seit dem Jahr 2000 einen Rückgang der Arbeitslosigkeit zur Folge haben wird. Die Steuereinnahmen nehmen kräftig zu – aber nicht um 3 Milliarden € in diesem Jahr, Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner, nein, nur um 1,5 Milliarden €; ich weiß nicht, woher Sie Ihre Wunschziffern haben –, und das wird ein sinkendes Budget­defizit zur Folge haben. Natürlich werden wir aber von einem nachhaltig sanierten Budget in diesem Jahr nicht sprechen können. Können wir deshalb insgesamt schon von einer wirtschaftspolitischen Erfolgsstory sprechen? – Nein.

Bundeskanzler Schüssel hat in seiner Rede zur Lage der Nation im Juni 2006 davon gesprochen, dass die Zahl der Arbeitsplätze so hoch wie nie zuvor sei, hat aber „ver­gessen“, hinzuzufügen, dass die Zahl der Vollzeitarbeitskräfte stark zurückgegangen ist, dass die prekären Arbeitsverhältnisse ungemein stark angestiegen sind und dass die Arbeitslosigkeit seit dem Jahr 2001 stark zugenommen hat.

Im Jahre 2005 waren etwa 253 000 Menschen in Österreich ohne Arbeit. Das soll die Vollbeschäftigung sein, Herr Abgeordneter Molterer – er ist nicht hier (Abg. Großruck: Ja, ja! Der ist schon da!) –, von der Sie gesprochen haben, und das soll die Vollbe­schäftigung sein, die Ihre Partei uns im Wahlkampf 2002 und 2006 versprochen hat? – Mit Sicherheit nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Eine Folge der steigenden Arbeitslosigkeit war ein Anstieg der Armut und Armutsge­fährdung. Die Zahl der Menschen, die von akuter Armut bedroht sind, ist stark ange­stiegen. Zusätzlich leben mehr als eine Million Menschen unter Armutsgefährdung. Und das, so frage ich Sie allen Ernstes, soll eine Erfolgsstory sein? – Eine Schande ist das für ein reiches Land wie Österreich! (Beifall bei den Grünen.)

Analysen über die Erfolge der Wirtschaftspolitik in anderen Ländern haben gezeigt, dass die Arbeitslosigkeit nur dann zurückgeht und -gehen kann, wenn die Wirtschaft rasch wächst. Wirtschaftswachstum – und das ist schon richtig – ist der entscheidende Hebel für die Senkung der Arbeitslosigkeit und Armut in diesem Lande, aber für eine Senkung der Arbeitslosigkeit – und da sind sich die Wirtschaftsforscherinnen und -for­scher einig – brauchen wir ein Wirtschaftswachstum real von etwa 3 Prozent. Und das Wirtschaftsforschungsinstitut prognostiziert uns derzeit mittelfristig eine Wachstumsrate von etwas über 2 Prozent.

Für die Senkung der Arbeitslosigkeit und Steigerung des Wirtschaftswachstums bedarf es daher eines Kurswechsels. Österreich und Europa können derzeit ein weltwirt­schaftliches Wachstum von 4 Prozent nicht nutzen, sie wachsen langfristig nur um 2 Prozent – im Gegensatz zu den USA. Da stellt sich natürlich die Frage: Woran liegt denn das? – Es liegt an dem Rezept und dem Konzept, das die Österreicher und die Europäische Union verfolgen, nämlich ein Konzept, das einseitig auf Liberalisierung und auf Wettbewerb als Triebfedern für Innovationen setzt, die letztlich das Wachstum stärken sollen.

Sie übersehen aber dabei einige Dinge: Sie übersehen dabei, dass es keine griffige Wettbewerbspolitik gibt. Sie übersehen dabei, dass Innovationen allein nicht genügen,


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