Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 147

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keine Frage, und ich stelle das hier auch eindeutig fest. Damit erübrigt es sich aber auch, über die Sorge des Antragstellers zu diskutieren, dass ein Gedankenmodell un­werten Lebens vom österreichischen Gesetzgeber akzeptiert werden würde. Es gibt kein unwertes Leben und es gibt auch kein Kind als Schaden. Sehr wohl kann es aber Schadensfälle geben – und damit verbunden Schadenersatzansprüche –, die im Zu­sammenhang mit der Geburt eines Kindes stehen, und genau darum ging es in einem der Fälle, die vom Antragsteller angeführt wurden. Selbstverständlich ist der Schaden in Form der Unterhaltspflicht für ein behindertes Kind höher als bei einem Kind, das nicht behindert ist. Dieser höhere Unterhalt könnte als Schadenersatz beansprucht werden.

Völlig absurd und mit der österreichischen Verfassung überhaupt nicht im Einklang ist die Forderung im Antrag, dass alle Titel, die sich auf Grund der bisherigen Judikatur schadenersatzbegründend auf die Tatsache der Geburt eines Menschen stützen, für unwirksam erklärt werden. (Abg. Dr. Fichtenbauer: Absurd ist das nicht!) Diese Forde­rung des Antragstellers würde jeder Gewaltentrennung Hohn sprechen, denn der Ge­setzgeber würde sich damit über alle richterlichen Urteile stellen. Dies ist mit der öster­reichischen Verfassung sicher nicht in Einklang zu bringen. Wenn dann im Antrag wei­ters gefordert wird, dass alle Schadenersatzansprüche, die sich auf die Tatsache der Geburt eines Menschen beziehen, ausgeschlossen sein sollen, so übersieht der An­tragsteller völlig, dass im Zusammenhang mit der Geburt sehr wohl schuldhaftes Ver­halten zu Schadenersatzansprüchen führen muss.

Aus dem hier Gesagten heraus ist dem Antrag des Abgeordneten Fichtenbauer nicht zuzustimmen. (Beifall beim BZÖ.)

18.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Eder zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.45.13

Abgeordneter Dr. Sebastian Eder (ÖVP): Verehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich bitte vorweg um Verständnis dafür, dass ich als langjähriger praktischer Arzt in meiner ersten Rede hier in diesem Hohen Haus dieses schwierige Thema in der Kürze der Zeit auch ein wenig aus der Sicht des Arztes behandle.

Wir haben gehört, diesem Antrag liegt ein vielschichtiges medizinisches und recht­liches Problem zugrunde, das viele Fragen aufwirft. Beiden von Herrn Dr. Fichtenbauer geschilderten Fällen ist gemeinsam, dass die Existenz des Kindes nach dem Urteil des OGH die Folge eines nicht ordnungsgemäßen Verhaltens des Arztes und die Geburt schließlich gegen den Willen der Eltern erfolgt ist. Was sind jetzt die aufgeworfenen Fragen?

Zunächst brauchen wir eine gesetzliche Regelung im Schadenersatzrecht, um Recht­suchenden und Rechtsprechenden eine Orientierung und Leitlinie zu geben, vor allem in der Frage, ob ein Kind, in welcher Konstellation auch immer, überhaupt ein Schaden sein kann. Ich bin der Meinung, und das entspricht auch dem Menschenbild unserer Gesinnungsgemeinschaft, dass man vom Grundsatz ausgehen sollte: Menschliches Leben kann niemals ein Schaden sein. Die Bewertung eines Menschen als ein Scha­densfall, der der Familie und der Gesellschaft sozusagen aufgelastet wird, widerspricht der Menschenwürde. Und diese Würde ist unteilbar und unabhängig davon, ob ein Mensch krank oder gesund ist. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Manche Experten sind der Meinung, dass ein Schaden in Gestalt der Unterhaltspflicht zu sehen wäre. Ich denke, behinderte Menschen verdienen die volle Solidarität und Unterstützung unserer Gesellschaft. Der OGH hat in seinem Urteil letzen Endes einen


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