Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 148

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Arzt zur Schadenersatzleistung verurteilt, weil seine Aufklärung unzureichend war und dazu geführt hat, dass die Schwangerschaft nicht innerhalb der gesetzlichen Frist be­endet werden konnte. Daher stand natürlich in der öffentlichen Diskussion besonders auch das Thema der umfassenden Informations- und Aufklärungspflicht von Patienten im Mittelpunkt, und das nicht nur in Bezug auf die pränatale Diagnostik, sondern ganz allgemein, und das hat zu einer großen Unsicherheit innerhalb der ärztlichen Kollegen­schaft geführt.

Es wird in der medizinischen Behandlung zunehmend zu einem Problem, wenn die Verantwortung trotz des viel beschworenen mündigen Patienten letztendlich nur mehr beim Arzt verbleibt. Ein Arzt muss sich darauf verlassen können, dass ein Patient einer Zuweisung in eine Spezialambulanz für eine nähere Abklärung einer Verdachtsdia­gnose auch Folge leistet, und wir sollten es nicht so weit kommen lassen, dass Ärzte wichtige, einfache Screening-Methoden nicht mehr anwenden, weil sie keine 100-pro­zentige Aussagesicherheit bieten können. Das würde zu einer Defensiv- und Absiche­rungsmedizin voller Misstrauen und Angst führen. Der medizinische Behandlungsab­lauf wäre behindert und nicht mehr zu bewältigen; außerdem würden die Kosten steigen. Wir haben das auch an der Zunahme der Frequenz bei pränatalen Untersu­chungen gesehen.

Es darf nicht so weit kommen, dass der Arztbesuch künftig vom Lesen von Merkblät­tern, Ausfüllen von Formularen, Unterschriften zur Absicherung geprägt ist und dabei vielleicht sogar die persönliche Beratung des Arztes zu kurz kommt. Das ist aber zu­nehmend der Fall, wenn nur mehr der Empfängerhorizont als der entscheidende Faktor bei der Aufklärung des Arztes gesehen wird. Das heißt: Nicht das, was der Arzt sagt, ist entscheidend – so, wie es im Gesetz an sich vorgesehen ist –, sondern wie es der Patient versteht.

Das ärztliche Handeln muss weiterhin auf der Basis eines partnerschaftlichen Verhält­nisses zwischen Arzt und Patient erfolgen und auch vom Mut des Arztes zur schnellen Entscheidung zum Wohl des Patienten gekennzeichnet sein.

Die Diskussion der Thematik des Antrages ist zweifellos sinnvoll, sie sollte aber in aller Ruhe in den dazu zuständigen Gremien geführt werden. Letzten Endes geht es darum, dass wir Rechtsicherheit für alle Beteiligten und Betroffenen schaffen.

Verehrte Mitglieder des Hohen Hauses! In jedem Fall ist der vorliegende Antrag ein An­lass, die an sich im Regierungsprogramm schon vorgesehene Evaluierung und Anpas­sung der Patientenrechte auch im Sinne einer sinnvollen Erweiterung vorzunehmen und die ebenfalls darin angeführte Grundrechtsreform anzugehen und zu diskutieren. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie der Abg. Csörgits.)

18.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun kommt Frau Abgeordnete Haidlmayr zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.50.06

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich letztes Jahr das Urteil gelesen habe, dass ein von Geburt an behindertes Kind ein „Schadensfall“ ist, bin ich sehr erschrocken. Ich bin deshalb erschrocken, und das sage ich ganz ehrlich, weil auch ich seit meiner Geburt behindert bin. Ich habe mich aber niemals als Schaden für mich, für meine Familie oder die Ge­sellschaft gesehen, sondern ich bin Teil dieser Gesellschaft – und kein „Schadensfall“. Das möchte ich hier einmal klarstellen, ebenso, dass meine Eltern mich nie als Scha­densfall gesehen haben. Ich war natürlich ein Kind, das einen enorm viel höheren


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