Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 91

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Die Universitäten machen jetzt alles doppelt: Sie verhandeln Leistungsverträge, erstel­len eine Wissensbilanz. Wenn Sie im Ministerium anrufen und fragen: Bitte, Herr Minis­terialbeamter, sagen Sie mir, was gehört zur Wissensbilanz?, bekommen die Herren der Universitäten die Antwort: Das müssen doch Sie wissen!

Sollte man den Hebel nicht da ansetzen und den Universitäten ein mühsames, büro­kratisches neues Verwaltungsinstrument nicht aufbürden, das Mehrkosten verursacht für etwas, was man auch billiger haben kann? – Diese Frage möchte ich ganz klar stel­len.

Es wird alles verdoppelt – alles verdoppelt! –, was Universitäten bezüglich der Budgets und ihrer Pläne machen müssen. Wenn das Sinn macht, dann verstehe ich die Welt nicht mehr.

Jetzt komme ich kurz auf die Agenturfinanzierung zu sprechen. Im Gemeinschaftsrecht der EU steht ganz klar, dass Arzneimittelsicherheit eine hoheitliche Aufgabe, sozusa­gen Aufgabe des Nationalstaates ist. Jetzt kann ich sagen: Okay, wir haben knappe Budgets – das gilt für alle Staaten –, wir gliedern aus! Im Ministerium gebe ich Res­sourcen ab, mache Budget- und Planstellenkosmetik: Alles gehört in eine Agentur. Ruft man im Ministerium an, heißt es: ich vermittle Sie gleich weiter, und dann meldet sich die Agentur. Also fragen Sie nicht das Ministerium, sondern fragen Sie die ÄrztInnen und ApothekerInnen und die Agenturen.

Ich halte das für keine glückliche Lösung, vor allem dann nicht, wenn Betroffene diese Agentur auch noch finanzieren müssen. Es finanzieren schon Patienten über ihren Krankenanstaltenaufenthaltsbeitrag mit 10 € medizinische Behandlungsschäden, die ihnen in Krankenanstalten erwachsen. Das ist ungefähr damit vergleichbar: Vizekanz­ler Molterer fährt mit dem Zug nach Hause nach Oberösterreich, zahlt für das Ticket 30 €, und dann heißt es: 10 € Aufschlag. Er sagt: Ich fahre nicht Business-Klasse! Dar­aufhin heißt es: Das ist der Risikokostenbeitrag, vielleicht schläft gerade der Zugführer, vielleicht ist eine Ampel falsch geschaltet oder eine Weiche falsch gestellt!

So kann es nicht gehen! Ich bin nicht der Verteidiger der Pharmaindustrie, aber die Pharmaindustrie ... (Vizekanzler Mag. Molterer: Ach so, was haben Sie denn für eine Aufgabe?) Was ich für eine Aufgabe habe? – Die staatlichen Interessen so zu verteidi­gen, dass sie wahrgenommen werden. Das heißt, dass der Staat auch manche Dinge finanzieren muss, und es kann nicht so sein – bitte, Herr Vizekanzler, sonst lassen Sie unser Verteidigungsbudget von der Rüstungsindustrie finanzieren! Das wäre ungefähr dasselbe. Und dieses Beispiel ist kein schlechtes, wenn auch ein gefährliches, das Sie geben.

Es braucht Hunderte erforschter Moleküle, davon geht nicht einmal ein Promille in den klinischen Versuch. Die Pharmaindustrie zahlt das Zehnfache an Gebühren für die Zulassung eines Medikamentes. Zu wissen, wie ein Medikament sich auf dem Markt bewährt und welches Risiko ein Medikament erst später zeigt, wäre schon die Aufgabe des Ressorts, und dieses sollte auch mit den nötigen Mitteln ausgestattet werden.

Man kann darüber diskutieren; aber worüber man nicht diskutieren kann, ist, dass so etwas nicht mit der Opposition besprochen wird, dass so etwas nicht mit dem Gesund­heitsausschuss besprochen wird, sondern einfach über den Budgetausschuss abge­handelt und enderledigt wird. Solche Enderledigungen fördern nicht die Demokratie, nicht den Parlamentarismus und auch nicht Transparenz und breite Mitsprache aller Beteiligten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.52


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brou­kal. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


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