Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll24. Sitzung / Seite 52

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zum Doyen des österreichischen Verfassungsrechtes und ehemaligen Justizministers Professor Klecatsky – festgehalten haben, dass es sich hiebei um einen Verfassungs­bruch handelt. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich zitiere den Brief Professor Klecatskys, der auch in der „Kronen Zeitung“ abgedruckt wurde:

„Das Gutachtertrio“ – Mayer und Öhlinger, das hiezu Gutachten geschrieben hat – „denkt mit seinen Gutachten dem Text des Art 148 g Abs 2 B-VG auf dem Interpreta­tionsweg einen normativen Zusatz etwa des Inhalts zu: ,Das gilt nicht für die Freiheit­lichen bei der Wahl der Mitglieder der Volksanwaltschaft im Jahre 2007.‘ Einen solchen außerparlamentarischen Gutachterrat von einem parlamentarischen Teilorgan, wie dem Hauptausschuss oder gar dessen Obfrau allein, in Eigenregie zur VERFAS­SUNGSTAT zu erheben, ist in einer funktionierenden parlamentarischen Demokratie denkunmöglich (im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes.) Es wäre Verfassungsbruch!“

Wir verlangen daher die Absetzung dieses Tagesordnungspunktes – so, wie Heinz Mayer auch gesagt hat: Wenn man diesen Tagesordnungspunkt heute nicht absetzt und diese Verfassungswidrigkeit fortsetzt, dann wäre der Akt der Wahl der Volksan­waltschaft ein Nullum, ein Nichtakt! Es dürfte der Bundespräsident die Volksanwälte auf Grund dieses Nichtaktes gar nicht angeloben! Und ich mache darauf aufmerksam, dass dieser Verfassungsbruch, der heute offenbar von allen anderen Fraktionen mitge­tragen wird (Abg. Dr. Van der Bellen: Es ist keine Rede von ...!), ein Skandal ist. – Das ist keine Rede, ich zeige es auf!

Ich zeige es auf, Herr Van der Bellen, und ich komme zum Schlusssatz: Ich glaube, wir haben alle eine demokratiepolitische Verantwortung, und es soll nicht darum gehen, dass man irgendeine Kandidatin durchpeitscht – verfassungswidrig. (Beifall bei der FPÖ.)

10.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Einem zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.20.34

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine sehr geehrte Damen und Herren auch auf der Galerie! Die Frage, um die es heute hier geht, ist die Frage, wie man die einschlägige Bestimmung der Bundesverfassung zu interpretieren hat. Erlauben Sie mir, dazu kurz zu sagen: Was steht denn drinnen? – Es steht drinnen, dass die drei mandatsstärksten Parteien einen Anspruch haben, jeweils eine Person für die Volksanwaltschaft zu nominieren. (Ruf bei der FPÖ: ... sind wir gleich!)

Als dieses Gesetz beschlossen wurde, das war 1981, hat es im Nationalrat drei Par­teien gegeben und eine absolute Mehrheit der Sozialdemokratie. Und die Bestimmung hat darauf abgezielt, sicherzustellen, dass nicht im Hohen Haus nach Mehrheiten ent­schieden wird, wer Volksanwalt wird, sondern dass die stärkste, die zweitstärkste und die drittstärkste Partei gleichermaßen einen Anspruch haben, in der Volksanwaltschaft vertreten zu sein. (Abg. Dr. Haimbuchner: ...! Lesen Sie einmal die Verfassung!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das war eine außerordentlich weise Ent­scheidung, weil sie die Frage, wer Volksanwalt werden soll, der Willkür der Mehrheit entzogen hat. Und dazu bekennen wir uns! Dazu haben wir uns damals bekannt – wir hatten damals eine absolute Mehrheit, und es wäre ein Leichtes gewesen, drei rote Volksanwälte zu bestellen! Das wäre aber nicht in Ordnung, weil wir der Überzeugung


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