Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 13

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Was den Rest des Vertrages betrifft, gilt für Österreich der Grundsatz: Der Inhalt ist wichtiger als die Form. Also, uns ist selbstverständlich wichtig, dass die Grundrechts­charta rechtsverbindlich ist; in welcher Form sie rechtsverbindlich ist, darüber kann man reden.

Unserer Meinung nach besteht aber auch ein enger Zusammenhang zwischen dem Kompromiss, der beim institutionellen Teil geschlossen wurde, und vor allem dem drit­ten Abschnitt, wo es darum geht, dass eine Reihe von politischen Zielen und Aufgaben für die Europäische Union festgeschrieben sind, die wir alle gemeinsam für sehr wich­tig erachten.

Gerade der Frühjahrsgipfel hat ja gezeigt, dass die Frage des Klimaschutzes von ge­samteuropäischer Bedeutung ist und dass das unter anderem eine inhaltliche Aufgabe für die Europäische Union sein sollte, ähnlich wie das die gemeinsame Energiepolitik und eine Reihe von anderen Fragen auch sind.

Daher wollen wir uns im Rahmen des Europäischen Rates dafür einsetzen, dass die einheitliche Rechtspersönlichkeit der Europäischen Union beibehalten wird, dass es zu einer Abschaffung der Drei-Säulen-Struktur kommt, dass es eine Beibehaltung der neuen Kompetenzsystematik gibt, dass der Stellung der nationalen Parlamente bei der Kontrolle des Subsidiaritätsprinzips die entsprechende Rolle zukommt, dass es den verbesserten Rechtsschutz vor dem EuGH gibt und dass es eine Beibehaltung der im Verfassungsvertrag niedergeschriebenen Sozialvorschriften gibt – das ist, glaube ich, wichtig für die Entwicklung der sozialen Dimension.

Darüber hinausgehend werden wir uns nachdrücklich für das Ziel der Vollbeschäfti­gung und für die Verankerung der Daseinsvorsorge im Rahmen dieser Ratskonferenz einsetzen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Bundeskanzler, wie schätzen Sie die Erfolgsaussichten für eine Einigung auf ein Mandat für die dann anschließende Regie­rungskonferenz ein?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Das ist eine gar nicht so einfach zu beant­wortende Frage. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) – Bitte? (Abg. Ing. Westenthaler: Sind Sie überrascht über diese Frage? – Abg. Scheibner: Tun Sie nicht so über­rascht!) – Nein, ich bin nicht überrascht über die Frage (allgemeine Heiterkeit), das ist auch nicht das Problem, um es ganz offen zu sagen, das Problem besteht eher darin, dass es schwierig ist, eine Prognose zu treffen. Ich kann mich daher darauf beziehen, wovon ich glaube, dass es derzeit absehbar ist.

Wir haben uns bei diesem Berliner Gipfel darauf geeinigt, dass wir bis zum Jahr 2009 eine erneuerte Grundlage der Europäischen Union haben wollen. Das heißt natürlich, dass die Zeit einigermaßen drängt. Alles andere als ein klar abgezirkeltes Mandat bei diesem Europäischen Rat in Brüssel im Juni würde diesen Zeitplan völlig über den Haufen werfen.

Das heißt – davon gehe ich aus –, dass die deutsche Präsidentschaft alles tut, um zu diesem klaren Mandat zu kommen. Ich habe auch den Eindruck, dass die Intention des neuen französischen Präsidenten Sarkozy darin besteht, bei der Formulierung dieses klaren Mandates hilfreich zu sein, aber man muss sehen, dass es eine Reihe von Ländern gibt, die doch sehr schwerwiegende Bedenken haben, weil sie teilweise ganz andere integrationspolitische Ziele oder Schwerpunkte haben.

 


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