Ich glaube, ganz besonders wichtig ist, dass die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien sehr zügig geführt werden. Da muss man sagen, dass es auch von kroatischer Seite notwendig sein wird, das Reformtempo in nächster Zeit zu erhöhen. Wir wissen, dass dort im Herbst Wahlen stattfinden und dass die Vorwahlzeit nicht die allerbeste Zeit ist, um bei den Reformen aufs Tempo zu drücken, aber ich bin optimistisch, dass nach den Wahlen dieses Tempo wieder erhöht wird und daher Kroatien ein nächstes Mitglied der Europäischen Union sein könnte.
Ein wichtiger Schritt ist, glaube ich, dass die Europäische Union sich jetzt entschlossen hat, ohne zusätzliche Bedingungen die Verhandlungen mit Serbien über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen wieder aufzunehmen. Wie Sie alle wissen, hängt die Frage des letztendlichen Status des Kosovo nach wie vor in der Luft. Der Weltsicherheitsrat wird sich damit auf Basis der Grundlage, die der Ahtisaari-Bericht geschaffen hat, zu befassen haben. Aber es geht vor allem darum, die Frage einer europäischen Perspektive für Serbien zu entkoppeln von der Kosovo-Frage. Es wäre ganz schlimm, wenn in der serbischen Geschichte irgendwann übrig bleiben würde, dass Serbien auf den Kosovo verzichtet hat und das der Preis war, den man für die europäische Perspektive bezahlt hat.
Das würde historisch eine neue Wunde aufreißen, die, glaube ich, nicht sinnvoll ist, und daher ist es vernünftig, wenn wir die Frage der Lösung des Kosovo-Problems loslösen von der Frage der europäischen Perspektive Serbiens. Und gerade in dieser Hinsicht war es ein wichtiger und guter Schritt, vorgeschlagen vom Erweiterungskommissar Olli Rehn, jetzt unabhängig von der weiteren Perspektive im Kosovo-Konflikt die Verhandlungen über ein Stabilitäts- und Assoziierungsabkommen wieder aufzunehmen.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger, bitte.
Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! So wie die Dritte Nationalratspräsidentin Eva Glawischnig-Piesczek haben Sie letzte Woche der Türkei einen Besuch abgestattet. Anknüpfend an die Frage von Frau Mag. Lunacek: Wie stehen Sie zur Garantie der Kontrollbank im Speziellen zum Ilisu-Staudamm-Projekt?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundeskanzler.
Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich glaube, dass, wenn es gelingt, dass dort ein auf Menschenrechtsbasis und stärkeren ökologischen Nachhaltigkeitskriterien geplantes und errichtetes Projekt entsteht, das besser ist, als wenn China einen Staudamm in einer ähnlichen Form, wie es bereits im eigenen Land Staudämme errichtet hat, baut. Daher hat sich das gemeinsame Konsortium aus Deutschland, der Schweiz und Österreich dazu entschlossen, dort anzubieten, und klarerweise hat sich auch die Oesterreichische Kontrollbank dazu entschieden, die Finanzierung zu übernehmen – vorausgesetzt, die menschenrechtlichen und ökologischen Auflagen werden vonseiten der Türkei entsprechend akzeptiert und vollzogen!
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Scheibner, bitte.
Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Bundeskanzler, ich glaube, eines der großen Defizite in der Europäischen Union ist die Ehrlichkeit. Wenn man ehrlich ist und die Europäische Union als Wertegemeinschaft sieht, dann kann die Türkei niemals Vollmitglied dieser Europäischen Union werden. Wäre es nicht besser, gerade auch für ein kleines Land wie Österreich, und würden Sie das unterstützen, dass man sagt: endlich zurück zur Ehrlichkeit, Abbruch der Vollbeitrittsverhandlungen und dafür die
HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite