Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 148

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Allerwichtigste aber ist Bewusstseins­bildung und die Vorbildwirkung in allen Lebensbereichen, nicht nur in der Politik. Denn ich sage es immer wieder: Was nützt die beste Erziehung? – Kinder machen uns doch alles nach! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Zwerschitz. 8 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


16.25.23

Abgeordnete Barbara Zwerschitz (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! „Komatrinken“ nennt sich der Tagesordnungspunkt, was mich nicht sehr glücklich macht, weil wir ja in der Zwischenzeit alle wissen, dass es nicht wirklich die richtige Bezeichnung für dieses Phänomen ist und dass Koma eigentlich etwas ganz anderes ist als diese Bewusstlosigkeit, in die sich manche Kids regelmäßig begeben.

Es gab in den letzten Wochen und Monaten einen irrsinnigen Medien- und Politik-Hype, der, wie meine Vorrednerinnen auch schon gesagt haben, dazu beigetragen hat, dass man das Alkoholproblem allen Jugendlichen zuschreibt. Das möchte ich hier natürlich auch dezidiert zurückweisen! Es betrifft eine kleine Anzahl von Jugendlichen, ich bin aber trotzdem froh darüber, dass jetzt genau für diese Einzelfälle etwas unternommen wird.

Die Einweisungen nach Alkoholmissbrauch haben zugenommen. Wenn man mit ExpertInnen spricht, sagen diese, es liegt auch daran, dass die Menschen in der Zwischenzeit – auch durch diesen Medien-Hype – aufmerksamer geworden sind und dass es nicht mehr heißt: Der Jugendliche soll seinen Rausch ausschlafen!, sondern: Wir rufen die Rettung an! Das kann man nur begrüßen. Auch die Krankenhäuser sind eher bereit, Alkoholmissbrauch zu konstatieren.

Drogenmissbrauch hat nachhaltige Folgen. Wenn man zum Beispiel mit der Entwick­lungspsychologin Rollett redet, dann hört man, dass Alkohol die erste Einstiegsdroge ist: die Droge, über die die meisten anderen Drogensüchte entstehen, weil sie so leicht zu beschaffen ist und weil in unserer Gesellschaft damit ganz, ganz schlecht um­gegangen wird. Und das betrifft jetzt nicht die Jugendlichen!

Was mir bei dieser ganzen Diskussion ums Komasaufen auffällt – und davon ist leider auch das Ausschussverhalten nicht frei, davon sind leider auch die Gespräche in diesem Haus nicht frei –, ist der seltsame Zugang zum Thema Alkohol in unserer Gesellschaft. In Österreich gibt es enorm viele Alkoholkranke – und das sind bei Gott nicht nur die Jugendlichen!

Wer nach Hause kommt und täglich seinen Kindern vorführt, wie entspannend Alkohol ist, wer bei Familienfeiern selber die Kinder dazu bringt, dass sie ihr erstes Glas zum Anstoßen benutzen, weil „wir heute irgendetwas feiern“: Das ist etwas, und da wurde mir von ExpertInnen beigepflichtet, woran sich zeigt, dass die meisten Kids den ersten Alkoholkonsum in der Familie haben. Wer von uns selbst regelmäßig oder immer wieder einmal ein Glas zu viel erwischt und nichts dabei findet, auch mit zu viel Alkohol nach Hause zu fahren, darf sich nicht wundern, wenn die Jungen – im Sinne dessen, was meine Kollegin Grossmann gesagt hat – das dann nachmachen und vielleicht auch über die Stränge schlagen.

In dem Alter schlägt man eben über die Stränge, das ist ganz normal, und das müssen wir auch so sehen. Nur darf das natürlich nicht regelmäßig der Fall sein. Jugendliche müssen eine gewisse Alkoholkompetenz lernen. Sie müssen lernen, damit umzu­gehen, sie müssen lernen, nein zu sagen, und wir müssen ihnen ein Maßnahmenpaket anbieten, wie sie von diesem übertriebenen Alkoholkonsum wegkommen.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite