Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung / Seite 120

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rungs-Vorgang in den einzelnen Mitgliedsstaaten über die Neuauflage eines Vertrages für die Europäische Union zu erwirken. In der Republik Österreich soll dies zwingend in Form einer nationalen Volksabstimmung über den Verfassungsvertrag geschehen.“

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Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Karl. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.36.33

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Re­gierungsmitglieder! Hohes Haus! Meinem Vorredner, Herrn Dr. Bösch, möchte ich sagen, dass seiner Forderung nach einer Volksabstimmung entgegenzuhalten ist, dass eine solche juristisch gar nicht notwendig ist. Es handelt sich nämlich um eine bloß behutsame Weiterentwicklung der bestehenden Verträge. (Abg. Strache: Mayer, Funk, Öhlinger – die drei Verfassungsrechtler sagen, sie ist notwendig!) Es gibt aber auch sehr viele Meinungen, die besagen, dass sie nicht notwendig ist.

Dann komme ich gleich zu Ihnen, Kollege Strache. Sie irren auch in einem anderen Punkt. Sie irren nämlich, wenn Sie meinen, dass auf EU-Ebene eine Opferung des Ar­beitnehmerschutzes stattfindet. (Abg. Strache: Sie haben Angst vor dem Bürger, Angst vor den Österreichern!) Schauen Sie einmal auf der EU-Homepage nach! Schauen Sie vielleicht einmal einen Kodex zum Europäischen Arbeitsrecht an! Sie wer­den dort eine ganze Reihe von Arbeitnehmerschutzrichtlinien finden, die auch in Öster­reich umgesetzt wurden. Ich möchte hier die technischen Arbeitnehmerschutzrichtlinien erwähnen, die Arbeitszeitrichtlinie, die Mutterschutzrichtlinie, Richtlinien zum Schutz von Teilzeitbeschäftigten, von befristet Beschäftigten.

Gegen Ihren Vorwurf der sozialen, politischen Eiseskälte möchte ich auch noch Fol­gendes einwenden: Wir haben eine Betriebsübergangsrichtlinie, wir haben eine Ent­senderichtlinie, und wir haben auch eine Richtlinie zur Koordinierung der Sozialver­sicherungssysteme, wo es darum geht, dass Arbeitnehmer, wenn sie grenzüberschrei­tend tätig werden, sozialrechtlich abgesichert sind. – Nur so viel zum Arbeitnehmer­schutz auf europäischer Ebene. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Graf: Mit einer Richt­linie können Sie niemals soziale Wärme erzeugen! – Abg. Strache: Und genau das ist gegen österreichische Arbeitnehmerinteressen!) – Nein, das ist im österreichischen Recht umgesetzt und kommt den österreichischen Arbeitnehmern zugute!

Nun möchte ich auf den vorliegenden Reformvertrag zu sprechen kommen. Es ist von meinen Vorrednern schon vielfach Großbritannien kritisiert worden. Ich muss sagen: Diese Ablehnung Großbritanniens, nämlich die Ablehnung der Grundrechtscharta, ver­wundert mich eigentlich nicht weiter. Ich darf daran erinnern, dass Großbritannien im Zuge der Verhandlungen zum Vertrag von Maastricht die Aufnahme der sozialpoliti­schen Regelungen in den EU-Vertrag verhindert hat. (Abg. Dr. Graf: Die „bösen“ Bri­ten!) Wegen des Vetos Großbritanniens wurde ja lediglich ein Protokoll über die Sozial­politik angenommen. Erst später, nämlich mit dem Vertrag von Amsterdam, sind diese sozialpolitischen Regelungen auch in den Vertrag aufgenommen worden. Großbritan­nien war zum Beispiel auch gegen die Entsenderichtlinie und wurde dabei von Portugal unterstützt. (Abg. Strache: Äußerst klug!)

Ich möchte nun aber wieder auf den gegenständlichen Gipfel zurückkommen. – Ich halte das nicht für „äußerst klug“. Es wäre zum Schutz der Arbeitnehmer klüger ge­wesen, für die Entsenderichtlinie zu stimmen. Ich entnehme daraus, dass Sie nicht wissen, worum es in der Entsenderichtlinie geht. (Beifall bei der ÖVP.)

 


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