Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schieder. Ebenfalls 3 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Kollege.
14.50
Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Frau Außenminister! Sehr geehrter Herr Minister! Es war eine denkbar schlechte Ausgangslage bei diesem Gipfel. Einerseits war die Europaskepsis in der Bevölkerung sehr groß – zu Recht –, weil es viele Erwartungen an die Europäische Union gibt, denen nicht ausreichend begegnet wurde. so zum Beispiel in den Fragen: Wie kann das sozialstaatliche System abgesichert werden? Wie können Wachstum und Beschäftigung gefördert werden? Wie kann dem Klimawandel wirksam begegnet werden, wie kann er wirksam bekämpft werden? Wie ist auf internationale Krisen und Bedrohungen zu reagieren? Wie kann die Globalisierung positiv gestaltet werden? – All das sind Fragen, auf die man sich von der Europäischen Union Antworten erwartet und sie bislang nicht in ausreichendem Maße bekommen hat, was auch ein Grund dafür ist, dass die Skepsis innerhalb Europas angewachsen ist.
Andererseits schien es auch, dass in Europa die inneren Widersprüche zwischen den Staaten und den Regierungschefs mitunter größer waren als die Einsicht in die Notwendigkeit, dass man gemeinsam Antworten finden muss.
Allerdings kann Europa – und davon bin ich überzeugt – dieser Skepsis nur gemeinsam begegnen, und es kann ihr nur dann begegnet werden, wenn es ein besseres, ein sozialeres, ein demokratischeres, ein effizienteres Europa gibt. Nicht weniger Europa ist die Antwort, sondern ein besseres Europa ist die Antwort! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Der Verfassungsvertrag hätte Europa einen großen Schritt nach vorne gebracht. Das Ergebnis, das heute vorliegt, stellt, glaube ich, einen akzeptablen Fortschritt mit Kompromissen, die uns zum Teil enttäuschen, aber im Grunde Gutes und Richtiges bringen, dar, so auch die Grundrechtscharta, die nicht nur die klassischen Grund- und Menschenrechte rechtsverbindlich festschreibt, sondern auch soziale Rechte. Die soziale Dimension, das klare Bekenntnis zur Daseinsvorsorge und zum Schutz der öffentlichen Dienstleistungen, das Bekenntnis zum Klimaschutz und auch die erstmalige Erwähnung dieses Themas, mehr Demokratie, Stärkung des Europäischen Parlaments, Mehrheitsentscheidungen und einen Außenminister, der zwar nicht so heißt, aber überall so genannt werden wird und als dieser auch agieren kann, sind weitere positive Punkte.
Bedenklich finde ich, dass Großbritannien das Opting-Out für die Grundrechte gewählt hat, weil dies ein Skandal gegenüber den britischen Bürgerinnen und Bürgern ist.
Ich glaube aber auch, dass der Antrag der Grünen zu weit führt, weil er letztlich dazu führen würde, dass wir dem Änderungsvertrag nicht zustimmen sollen. (Abg. Mag. Lunacek: Aber im Landtag hat die SPÖ zugestimmt!)
Unser Ziel ist es, weiter daran zu arbeiten, dass die Europäische Union eine Wertegemeinschaft wird statt ein Supermarkt.
Ich glaube, es geht darum, die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union herzustellen. Es war notwendig, dafür Kompromisse zu schließen – diese Kompromisse wurden geschlossen. Ich bin auch dankbar dafür, dass unser Bundeskanzler maßgeblich daran beteiligt war. Es besteht damit auch die Chance, dass Europa auf die globalen Herausforderungen, wie zum Beispiel auf den Klimaschutz, maßgeblich reagieren kann. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
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