Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll35. Sitzung / Seite 121

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auf Familiennachzug, keine Ansprüche auf Transfer- oder Sozialleistungen, insbeson­dere keine Ansprüche nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz.

Die Quote für unselbständige Erwerbstätigkeit wird seit mehreren nicht genutzt, sie ist auf 0 gesetzt. Der von der Wirtschaft lautstark vorgebracht Wunsch nach Fachkräften, die eben nicht alle die Voraussetzungen für Schlüsselkräfte in der derzeitigen Definition erfüllen, wird über den Ausweg der kurzfristigen Beschäftigung erfüllt. Diese strukturel­le Schlechterstellung von zuwandernden ArbeitnehmerInnen ist nicht mehr haltbar.

Wie widersinnig das Regelwerk für die Arbeitsmigration ist, zeigt sich besonders an den Zuwanderungsbedingungen für ForscherInnen und WissenschafterInnen. Die nun geplanten Verbesserungen beim Zugang zur Erwerbstätigkeit für Familienangehörige von ForscherInnen sollen die Attraktivität Österreichs für Zuwanderung von ForscherIn­nen heben und waren längst überfällig. Sie sind aber alles andere als ausreichend. Ös­terreich hat sich durch seine kleinkarierten Regelungen in Wissenschaftskreisen be­reits Ärger und Hohn eingehandelt. 

ForscherInnen und WissenschafterInnen können weiterhin nur eine Aufenthaltsbewilli­gung bekommen und sich nicht mit allen Rechten in Österreich niederlassen. Ein Wechsel ins Niederlassungssystem ist mangels Quotenplatz nicht möglich. Da hilft es wenig, wenn behauptet wird, dass die Quote für Schlüsselkräfte in Zukunft ohnehin fle­xibel gehandhabt werden würde. Österreich braucht gut Qualifizierte, soll sich das ein­gestehen und entsprechende Maßnahmen vorsehen. Dazu gehört neben dem Entfall der Quote bei Schlüsselkräften auch der Erhalt einer Niederlassungsbewilligung. Nur eine Niederlassungsbewilligung führt zur Aufenthaltsverfestigung, zur EU-Binnenwan­derung nach 5 Jahren und zur Staatsbürgerschaft. ZuwanderInnen mit Aufenthaltsbe­willigung (also u.a. ForscherInnen) müssen nach derzeitiger Gesetzeslage 15 Jahre auf eine Einbürgerung warten. Mit in Kraft treten des Fremdenrechtspakets wurden bis dahin ausgestellte Niederlassungsbewilligungen für ForscherInnen quasi über Nacht zu Aufenthaltsbewilligungen zweiter Klasse. Viele Betroffene standen kurz vor dem 5 Jahr der Niederlassung und sahen sich nun mit einer Aufenthaltsbewilligung konfrontiert, die keinen Daueraufenthalt mehr ermöglichen kann. Das ist ein Rückschritt in die integra­tionspolitische Steinzeit.

Aber auch im Bereich der Doktoranden und postgradualen Ausbildungen gibt es Pro­bleme. Diese Personen leisten wertvolle Arbeit, zum Beispiel für die Krebsforschung des Ludwig Bolzmann Institutes. Da sie zu wenig verdienen, kann die Schlüsselkraftre­gelung nicht zur Anwendung kommen. Im Gegenteil: sie müssen sogar die doppelte Studiengebühr bezahlen. Das schadet dem Wissenschaftsstandort Österreich.

Das Schlüsselkraftverfahren, welches gerne als One Stop-Shop Verfahren bezeichnet wird ist eher ein Stop and go Verfahren. Das komplexe Zusammenspiel von AMS und Niederlassungsbehörde ist unbefriedigend. Es führt dazu, dass sich diese Personen nach einem anderen Aufnahmeland umsehen. In der WIFO-Studie „Zur Niederlassung von Ausländerinnen und Ausländern in Österreich“ vom August 2006 heißt es: „In ab­soluten Zahlen kommen weiterhin sehr wenig hoch qualifizierte Arbeitskräfte nach Ös­terreich.“

Mittelfristig führt kein Weg darum herum, im Sinne einer wirtschafts- wie sozialpolitisch sinnvoll gesteuerten Einwanderung ein transparentes und modernes System der Zu­wanderungssteuerung auch für Österreich zu entwickeln (ähnlich etwa den Punktemo­dellen in Kanada oder Neuseeland). Das würde längerfristig ein Ausländerbeschäfti­gungsgesetz überflüssig machen, das durch die Schaffung von immer mehr verschie­denen Kategorien von ArbeitnehmerInnen und einer damit verbundenen Zersplitterung arbeits- und sozialrechtlicher Standards Lohn- und Sozialdumping begünstigt. Einwan­derung und Beschäftigung sollten in einem Verfahren geprüft werden.

 


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