Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 178

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Eines der Probleme, die diese Mutter in Österreich nämlich sicher hat, ist, dass all die verschiedenen Schulen zu ganz unterschiedlichen Zeiten aufhören und dass es in den Regionen noch immer nicht üblich ist, dass es für die Kinder auch wirklich eine Unter­bringungsmöglichkeit gibt, in die man sie gerne gibt – abgesehen davon kosten diese meistens enorm viel Geld.

Also: Kindergarten den ganzen Tag, nach der Volksschule eine Nachmittagsbetreuung, denn eine Ganztagsschule haben wir nicht, die Hauptschüler sollen auch nicht zu Schlüsselkindern werden, und für höhere Schüler gilt das Gleiche.

Besonders extrem ist die Sache natürlich zu Schulbeginn. Schule ist überhaupt ein heißes Thema, denn bei dieser Familie geht es um so Kleinigkeiten wie: Hier ist eine Lesung zu bezahlen, und da brauchen wir zusätzliches Schulmaterial. Eines der Kinder hat in einer Laptop-Klasse angefangen, und was das für die Familie bedeutet, ist nahe­zu unvorstellbar.

Urlaub für diese Familie gibt es seit Jahren nicht. Die Kinder haben enormen Druck, sie können nicht mithalten. Für Kinder ist ja Armut noch viel beschwerlicher, weil sie gera­de in einer Identitätsphase sind, weil sie versuchen, sich an Gleichaltrigen zu messen, mit denen mitzuhalten. Es gibt für diese Kinder natürlich kein Handy, nicht regelmäßig Kleidung – die Kleidung wird üblicherweise mit Urlaubs- und Weihnachtsgeld gekauft, denn da geht es sich gerade aus, zwischendurch ist es eher problematisch.

Diese Kinder haben – das ist auch in vielen Studien nachgewiesen, das sieht man aber auch an dieser Familie – Probleme mit dem Selbstbewusstsein, weil sie eben nicht konkurrieren können. Sie erleben es als sehr belastend, dass ihre Eltern nicht mithal­ten können, mit diesem Armutsproblem nicht zurande kommen.

Eines der Probleme, die man auch in dieser Familie sieht – deswegen ist sie beson­ders plakativ –, ist das, was wir in der UNICEF-Studie gesehen haben, dass gerade arme Kinder auch Gesundheitsprobleme haben. Eines der Kinder hat Asthma, weil eine Wohnung verschimmelt war. Es war höchst an der Zeit, eine neue zu finden, und das war eine besonders spannende Geschichte, denn in Österreich gibt es kaum mehr Wohnungen, die über so viele Räume verfügen, um eine derart große Familie unter­zubringen. Die Zeit, dass drei Kinder in einem kleinen Kabinett schlafen, ist endgültig vorbei. Das möchten keine Eltern mehr den Kindern antun oder zumuten. (Beifall bei den Grünen.)

Daher ist die Kinderbeihilfe zwar ein wichtiger Schritt und etwas Tolles, wobei ich aber hier gleich anmerken möchte: Gerade für arme Familien ist es ein riesiges Problem, dass die Kinderbeihilfe alle zwei Monate ausgezahlt wird, weil die Finanzplanung sehr schwierig ist. Mir hat eine Sozialarbeiterin zum Beispiel erklärt, man kann die Kinder auch nicht rückwirkend einen Monat essen lassen, weil man jetzt gerade für zwei Monate das Geld bekommen hat.

Wir sollten also einmal schauen, dass wir die Kinderbeihilfe wirklich monatlich auszah­len.

Alle Studien beweisen: Die beste Bekämpfung von Armut, das Beste, was man den Familien tun kann, ist, den Müttern die Möglichkeit zu geben, arbeiten zu gehen, den Müttern die Möglichkeit zu geben, die Familie finanziell abzusichern, damit auch eine Mehrkinderfamilie die Chance hat, zu konkurrieren mit einer Familie mit weniger Kin­dern. Dafür sollten wir sorgen, aber dafür braucht es Infrastruktur und nicht nur Bar­geld. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dolinschek. 3 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


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