Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 208

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Folgenden Aspekt möchte ich abschließend noch hervorstreichen: Es ist gerade auch für einen Wirtschaftsstandort sehr wesentlich, dass klare Spielregeln für die Justiz und eine effektive Justiz gewährleistet sind. Und einer der Gründe, dass Österreich im Business Competitiveness Index jetzt von der elften an die achte Stelle emporge­stiegen ist, ist auch die wirksame und zuverlässige Justiz in unserem Land. Und dafür danke ich der Justizministerin. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.13


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stadl­bauer. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


20.13.51

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Das vorliegende Gesetz bedeutet wieder einen Schritt vorwärts, was die verbes­serte Stellung von Opfern betrifft, auch wenn es sich dabei vor allem um Anpassungen handelt. Es zeigt aber doch die eindeutige Handschrift von Frau Bundesministerin Maria Berger, nämlich wo es darum geht, die Opferrechte auszubauen und die Betrof­fenen bestmöglich zu unterstützen. (Abg. Lutz Weinzinger: Bravo, Frau Bundesminis­terin! – Beifall der Abg. Heinisch-Hosek, die durch Gestik in Richtung des Abg. Wein­zinger die Aufforderung, gleichfalls Beifall zu spenden, zum Ausdruck bringt.)

Ich möchte aber auf einen speziellen Aspekt hinweisen, und zwar geht es um die scho­nende Einvernahme, also die Aussage eines Opfers ohne Anwesenheit des Täters, die bisher ja schon unter anderem zwingend bei unmündigen Sexualopfern stattfindet, und zwar von Amts wegen, und bei mündigen Sexualopfern auf Antrag vorgesehen ist, und das ist auch gut so.

Leider ist es so, dass wir von verschiedenen Vertretern und Vertreterinnen von NGOs immer wieder Informationen bekommen, dass sich Richter und Richterinnen weigern, den Opfern diese Rechte auch zu geben. Ich kann Ihnen auch Beispiele nennen. Erster Fall, in Oberösterreich: Ein fünfzehnjähriges Sexualopfer hätte theoretisch das Recht auf eine schonende Einvernahme; diese wurde vom zuständigen Richter verwei­gert. – Zweiter Fall, in Niederösterreich: Es wurde einem zehnjährigen Sexualopfer das zwingende Recht auf schonende Einvernahme von einer Richterin verweigert – und das, obwohl es, wie gerade betont, zwingend gewesen wäre.

Die Begründung der Richter und Richterinnen ist meist dieselbe, nämlich dass sie dem Opfer Leid ersparen wollen. – Abgesehen davon, dass der Prozess an sich wahr­scheinlich schon eine enorme Belastung für das Opfer darstellt, verstehe ich nicht, dass man dem Opfer Leid erspart, indem man es dem Täter noch einmal gegenüber­stellt und dann die ganze Leidensgeschichte noch einmal erzählen lässt und es damit unter ganz unvorstellbaren Druck bringt.

Eine andere Begründung erscheint mir logischer, nämlich nicht die Möglichkeit zu eröff­nen, dass Opfer ein Verfahren zum Scheitern bringen könnten und dass das Verfahren so neu aufgerollt werden müsste. Aber ich möchte jetzt nicht irgendjemandem etwas unterstellen, sondern ich denke, dass das vielmehr auch an der angespannten Perso­nalsituation liegen könnte – wobei Bundesministerin Maria Berger als erste Ministerin seit sieben Jahren endlich daran arbeitet, dass sich diese Situation entspannt.

Ich bin auf alle Fälle sehr dafür, dass Opfer eine Möglichkeit haben, den Richter oder die Richterin auf die schonende Einvernahme aufmerksam zu machen, inklusive einer Sanktion, wenn sich der Richter oder die Richterin weigert. Im vorliegenden Gesetz ist nun zumindest für das künftige Ermittlungsverfahren die Möglichkeit einer Beschwerde vorgesehen; für die Hauptverhandlung fehlt eine adäquate Bestimmung.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite