Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin im Übrigen davon überzeugt, dass durch diesen Reformvertrag ... (Abg. Mag. Stadler: Volksabstimmung ...!) – Auch die Lautstärke kann die Argumente nicht ersetzen. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen, Herr Abgeordneter! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)
Ich bin im Übrigen davon überzeugt, dass der Reformvertrag von Lissabon dazu führen wird, dass die Europäische Union besser funktionieren wird, weil es erstens zu effizienteren Entscheidungsfindungsprozessen kommt, weil darüber hinausgehend es eine klarere Kompetenzaufteilung zwischen den europäischen Institutionen und den nationalen Institutionen geben wird.
Darüber hinausgehend ist auch die Zeit der Einbahnstraße vorbei, wo Kompetenzen von den Mitgliedstaaten nur nach Europa wanderten. Jetzt besteht durch diesen Reformvertrag auch die Möglichkeit, dass Kompetenzen von der Europäischen Union wieder an die Mitgliedstaaten gehen, wenn man zur Auffassung kommt beziehungsweise wenn man der Meinung ist, dass sich etwas nicht bewährt hat. Ich halte das für eine ganz wichtige Flexibilisierung, und die zeigt, dass man da versucht, Probleme gemeinsam zu lösen.
Darüber hinausgehend ist für mich das Kernstück dieses Reformvertrages die Grundrechtecharta, die in langen Diskussionen entwickelt wurde und die nun Rechtsverbindlichkeit erhält. Und ich glaube, dass diese Grundrechtecharta zu einer ganz entscheidenden Verstärkung der Rechte jedes einzelnen Bürgers und jeder einzelnen Bürgerin in Europa führt. Diese Grundrechtecharta geht im Übrigen in ihrer Wirkung sogar weit über das hinaus, was in manchen nationalen Verfassungen festgehalten ist.
Ich sage daher ein klares Ja zu dieser Grundrechtecharta und zu ihrer Rechtsverbindlichkeit, weil sie die Bürgerinnen und Bürger in Europa stärkt und damit uns alle in Europa stärker machen wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, man soll dabei nicht verschweigen, dass es natürlich Wermutstropfen gibt, wie zum Beispiel den Wermutstropfen, dass Großbritannien sich ein Opt-out genommen hat – ob es Polen letztendlich auch noch sein wird oder nicht, wird sich noch herausstellen (Abg. Ing. Westenthaler: Wieso haben Sie eigentlich nichts erreicht? Wieso kommen Sie mit leeren Händen?) –, weil das natürlich für die Bürgerinnen und Bürger in Großbritannien, so finde ich, keine gute Sache ist und weil man sich auch die Frage stellen muss, wie die weitere Entwicklung Europas aussieht, wenn einzelne Staaten sich von der gemeinsamen europäischen Politik immer wieder ein Opt-out nehmen. Das führt nämlich zu einer gewissen Unübersichtlichkeit in Europa und erreicht nicht das, was eigentlich das Ziel des europäischen Projekts ist.
Ich habe viel Verständnis für nationale Befindlichkeiten in diesem Zusammenhang, aber unser Ziel wird weiterhin bleiben ... (Abg. Strache: Es geht um Verfassungsrechte und Demokratie!) – Großbritannien hat im Übrigen nicht einmal eine Verfassung, sehr geehrter Herr Klubobmann! Wenn Sie schon darauf Bezug nehmen. (Abg. Strache: Aber wir! Wir haben eine Verfassung, Herr Bundeskanzler, und die sollte man die Bürger auch abstimmen lassen!)
Ich strebe an, dass wir ein Europa haben, wo es gleiches Recht für alle gibt (Abg. Dr. Haimbuchner: Was ist mit den Beneš-Dekreten?), und daher wird es das Ziel bleiben, dass diese Grundrechtecharta irgendwann einmal für alle Bürgerinnen und Bürger Europas gültig ist und nicht nur für die Bürgerinnen und Bürger in 25 Mitgliedstaaten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Kickl: Sie könnten das so schön der Bevölkerung erklären und dann abstimmen lassen!)
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