ist nicht ident, ich sage das hier sehr offen, denn es sind eben nicht nur die Symbole und der Name geändert, es ist auch der Vorrang des europäischen Rechts im Text beseitigt worden. Und der Hinweis auf die Judikatur, die Erklärung, ersetzt das nicht. Es wird noch ein ganz interessanter Diskurs werden, wenn etwa das deutsche Bundesverfassungsgericht judiziert, wenn eine europäische Regelung im Widerspruch zum deutschen Bundesverfassungsgesetz, zum Grundgesetz steht. Das ist nicht ausdiskutiert, und das wird eine ganz interessante und spannende Sache sein.
Es ist auch ein Unterschied – und die Lesbarkeit des Vertrages hat darunter gelitten –, wenn die Säulenstruktur völlig aufgegeben wird und letztlich nur ein Vertrag da ist. Es sind die subsidiären Rechte der nationalen Parlamente aufgewertet worden, es sind zusätzliche Veränderungen beim Parlament getroffen worden.
Ich glaube daher, in Summe ist vieles ident – vielleicht 90, 95 Prozent, das mag sein –, nur: Vergessen Sie nicht, dass auch der Mensch zu 95 Prozent seiner Gene mit dem Schimpansen verwandt oder ident ist, aber den Unterschied kennen wir wohl alle. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)
Daher: Das ist ein anderer Vertrag, zu dem wir aber durchaus ja sagen können.
In diesem Vertrag ist manches wirklich demokratischer und transparenter als früher. Das Europäische Parlament bekommt die volle Mitgesetzgebung, und das finde ich in Ordnung. Wir werden auch aufgewertet. Das heißt, die Österreicher bekommen sogar einen Sitz, ja gegenüber Nizza sogar zwei Parlamentssitze mehr. Also das ist schon auch ein Stück mehr an Mitbestimmung. Und wir sind gegenüber den zehnmal größeren Deutschen, natürlich prozentuell, deutlich besser gestellt. (Beifall bei der ÖVP.)
Es sind die nationalen Parlamente gestärkt, meine Damen und Herren. Es sind die Bürger insofern gestärkt, als ja jedes Dokument transparent und im Internet abrufbar ist. Das ist schon ein Punkt, der durchaus noch mit viel mehr Leben erfüllt werden kann, denn Europa ist nicht nur eine Bringschuld, es ist auch eine Holmöglichkeit für jeden Einzelnen, der sich um die „Res Europea“ wirklich Gedanken macht.
Die Charta der Grundrechte wird eine sehr spannende Sache sein. Ich bin nicht einmal sicher, ob das Opt-Out oder Opt-In der Briten und möglicherweise auch der Polen wirklich etwas hilft, denn in der Judikatur werden sich natürlich die Höchstgerichte in allen Ländern sehr stark an diese Charta anlehnen. Und nicht vergessen: Die Agentur, die für die europäischen Grundrechte geschaffen wurde, ist in Wien beheimatet – auch kein ganz „unerfolgreiches“ Lobbying, das wir in den letzten Jahren hier betrieben haben. (Beifall bei der ÖVP.)
Interessant wird natürlich sein, dass nicht alle Politikbereiche in Hinkunft von allen EU-Ländern gemeinsam zu bestreiten sind. Die Euro-Zone ist unterschiedlich, die Schengen-Mitgliedschaft, also die Sicherheitskooperation, der Grenzraum ist unterschiedlich, auch die Teilhabe und die Teilnehmer an der Grundrechtscharta sind nicht ident. Bei Justiz und Inneres gibt es Opting-Out- und Opting-In-Regeln. Das kann zu einer Art Teilmitgliedschaft in wichtigen Themenbereichen führen. Und es werden sich die – Namen werden Sie von mir aber nicht hören – Länder sehr genau überlegen müssen, die diese Möglichkeiten in Anspruch nehmen, ob das nicht eine Art Mitgliedschaft zweiter Klasse wird. Sie können dann praktisch an diesen Inhalten nicht mitwirken, sie sind mit ihren Bürgern ausgeschlossen von einer Weiterentwicklung, was ich persönlich für Österreich nie als Ziel angesehen habe.
Die Institutionen werden schlagkräftiger, das wurde schon erwähnt: Die Teampräsidentschaft, mehr Mehrheitsabstimmungen für jetzt immerhin 181 Politikfelder; die kleinere Kommission auf gleicher Rotation – hart erkämpft, da darf man auf keinen Fall,
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