Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll38. Sitzung / Seite 56

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dann schweigen Sie sich aus! (Abg. Dr. Graf: Zustimmen tun Sie!) Das ist die Dop­pelbödigkeit, die wir heute bei Ihnen vorfinden.

„Österreich ist frei!“, hat Figl gesagt. Sie wollen Österreich in die Unfreiheit führen. Schauen Sie alle hinauf auf unseren österreichischen Bundesadler, der hier in diesem Hohen Haus hängt! Dieser Adler hat gesprengte Ketten. Sie wollen diese gesprengten Ketten, die symbolisch für Freiheit stehen, dafür, dass wir die Freiheit als Republik Österreich errungen haben, die Souveränität errungen haben, die Neutralität, die uns ans Herz gewachsen ist, nicht aufgeben, Sie wollen diese gesprengten Ketten zusam­menschmieden. Sie legen unserem Bundesadler, unserer Heimat die schweren Brüsseler Handschellen an. (Beifall bei der FPÖ.) Das ist das, was Sie vorhaben, und das verschweigen Sie!

Sie verschweigen – und darin liegt der besondere Skandal –, dass Kriegseinsätze, so wie Sie auch jetzt hurra dazu sagen, wenn österreichische Soldaten in den Tschad entsandt werden, wahrscheinlich in Zukunft auch im Irak und in anderen Regionen dieser Welt geplant sind, wo Sie jetzt schon mitspielen. Was haben denn öster­reichische Soldaten in Afghanistan verloren? Was haben die im Tschad oder in Darfur verloren? – Nichts haben die dort verloren, wenn wir unsere Neutralität ernst nehmen! Sie gehen heute schon her und versuchen, überall hier neue Fakten zu schaffen. Das müssen wir festhalten, darin liegt nämlich der besondere Skandal.

Wenn Sie sagen: europaweite Abstimmung. – Bitte, was soll denn das? (Abg. Dr. Schüs­sel: Das habt ihr auch gesagt!) Nein, das haben wir nie gesagt! (Abg. Dr. Schüssel: Natürlich!) Einen Polen, einen Tschechen, einen Deutschen, einen Franzosen können wir doch nicht in einer europaweiten Abstimmung über die Aufgabe unserer österreichischen Bundesverfassung und über die Aufgabe unserer Neutralität abstimmen lassen! Das kann und darf nur der Österreicher tun! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie gehen her und tun so, als wären die 183 Abgeordneten hier der Souverän. Nein, sogar Professor Schachtschneider widerspricht Ihnen hier, jener Verfassungsrechtler, der in Deutschland beim Verfassungsgerichtshof in Karlsruhe den EU-Verfassungs­vertrag in Deutschland zu Fall gebracht hat, weil nämlich der deutsche Verfas­sungs­gerichtshof festgestellt hat, dass die deutsche Verfassung mit dem Verfassungsvertrag und auch mit dem Reformvertrag einfach nicht kompatibel ist. Deshalb konnte auch nicht ratifiziert werden, deshalb durfte der deutsche Bundespräsident auch nicht unterschreiben. Schachtschneider sagt selbst in einer Expertise, die wir in Auftrag gegeben haben, dass es hier um eine grundlegende Änderung unserer Verfassung, nämlich um eine Gesamtänderung der österreichischen Bundesverfassung, geht, die zwingend eine Volksabstimmung vorsieht. Und wenn Sie diese nicht sicherstellen, ist das demokratie-, staats- und verfassungswidrig, was Sie vorhaben. Das sagt der Verfassungsrechtler Universitätsprofessor Dr. Schachtschneider. Und genau darum geht es, das wollen wir sicherstellen.

Das Erbe Kreiskys, Neutralität zu leben, friedensstiftende Neutralität, internationale Vermittlung bei Krisen und Konflikten sicherzustellen, das erwarte ich mir von Ihnen, Herr Bundeskanzler. Aber Sie haben leider nichts mehr mit dem Erbe Kreiskys zu tun, Sie treten es mit Füßen. (Beifall bei der FPÖ.) Das sage ich auch in dieser Deutlichkeit, denn das, was wir heute hier erlebt haben, ist eine Schande für österreichische Volksvertreter, die eigentlich unsere Interessen vertreten sollten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht darum: Wollen wir unsere Hoheits­rechte bewahren, wollen wir diese schützen oder nicht? – Wir wollen sie schützen! (Präsident Dr. Spindelegger gibt das Glockenzeichen.) – Ich komme schon zum Schluss.

Deshalb stellen wir heute folgenden Antrag:

 


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