Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll38. Sitzung / Seite 61

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Zustimmung erteilen: ja oder nein? Ganz einfach! Es gibt das Instrument der Volks­befragung, das Sie als Regierung nutzen können. Und dass dies notwendig ist, sagen auch viele große Europäer.

Ihr seid immer im Konzert mit den großen Europäern. Euch ist es wichtig, wenn euch die großen Europäer auf die Schulter klopfen. Aber es gibt große Europäer, die, was diesen Vertrag anbelangt, sehr skeptisch sind. Dazu gehört zum Beispiel – einer, den Sie alle kennen – der frühere französische Präsident Giscard d’Estaing. Der hat gesagt: „Die Bürgerinnen und Bürger werden mit einer Mogelpackung für dumm ver­kauft.“ – Das hat er zu diesem Vertrag gesagt. Das muss man sich einmal vorstellen! Beachtlich!

Oder: Der italienische Premierminister Giuliano Amato, auch ein großer Europäer, hat gesagt: „Dieser Vertrag ist absolut unlesbar, ein typischer Brüsseler Vertrag, nichts Neues, kein Referendum notwendig.“ – Das hat er zynisch gemeint, auch als Mogel­packung.

Und ein drittes Zitat, das interessant ist: Der ehemalige EU-Kommissar, auch ein Kenner dieser Materie, Frits Bolkestein hat gesagt: „Ein Referendum über den Vertrag ist notwendig, um der Idee entgegenzutreten, dass Europa dem Volk durch die Hintertür gewaltsam aufgedrängt wird.“ – Ich betone: „Gewaltsam“!

Das ist das Problem: Es wird jetzt mit dem Reformvertrag das Türschild geändert. Es heißt nicht mehr „Verfassung“, sondern „Reformvertrag“. Aber es bleibt letztlich das­selbe drinnen, wie zum Beispiel auch Angela Merkel gesagt hat – Zitat –: „Die Sub­stanz der Verfassung ist erhalten geblieben.“

Da hat sich nichts geändert, Herr Dr. Gusenbauer, der Sie im Jahr 2005 in diesem Hohen Haus gesagt haben – vielleicht kennen Sie dieses Zitat –: Man muss die Verfas­sung völlig neu verhandeln. Dann muss im Rahmen von Referenden darüber abge­stimmt werden. Es ist ein Fehler, dass sich Europa von den wirklichen Bedürfnissen der Bürger entfernt hat. – Ende des Zitats.

Herr Dr. Gusenbauer, es hat nicht einmal eineinhalb Jahre gedauert – Sie sind seit einem Jahr Kanzler –, und schon sind Sie „weichgeklopft“ und „weichgespült“. Der europäische „Weichspülgang“ hat stattgefunden, eine „Vollwaschung“. Es ist Ihnen offensichtlich wichtiger das Schulterklopfen Ihrer europäischen Kollegen als die Meinung der österreichischen Bevölkerung. – Das ist falsch, Herr Bundeskanzler! Das ist der falsche Zugang! (Beifall beim BZÖ.)

Herr Dr. Cap, Sie sind im Jahr 2005 hier gestanden, und wissen Sie, was Sie damals gesagt haben, was damals der Schlachtruf der SPÖ war? – Kein Euro mehr ohne dramatische Reformen! Es hat keine dramatischen Reformen gegeben. Was ist jetzt: kein Euro mehr? – Wir sind auch dieser Meinung!

Bundeskanzler Gusenbauer hat selbst gesagt: Österreich ist pro Kopf der größte Nettozahler in der Europäischen Union! Ich zitiere ihn: Wir zahlen dort am meisten hinein pro Kopf! – Ja verdammt noch einmal, warum haben wir dann nicht eine Regierung, die dort auch mehr verlangt, nämlich das, was uns zusteht? Warum kommen Sie nicht heim und legen den Österreichern Lösungen auf den Tisch? (Beifall beim BZÖ.)

Warum sagen Sie dort nicht einmal: Wenn unsere Anliegen wie Gentechnik, Transit, aber auch die Zuwanderungspolitik, die plötzlich europaweit geregelt werden soll, wo wieder Österreich der Teschek ist, auf gut Wienerisch gesagt, weil wir die meiste Zuwanderung durch die „Blue Card“ bekommen, wenn die österreichischen Anliegen nicht durchgesetzt werden, dann werden wir die EU-Zahlungen einfrieren und nicht mehr so viel in die EU hineinzahlen!? Das wäre einmal eine richtige Ansage! Und Sie


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