Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll38. Sitzung / Seite 86

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Wissen Sie, wie die EU funktioniert? – Es gibt Verträge in der EU, die das Zusam­menleben der Staaten in der EU regeln. Diese Verträge waren Maastricht, Amsterdam, Nizza. Der jetzt gültige Vertrag ist in Nizza beschlossen worden, dieser Vertrag gilt bereits. Das heißt, den können Sie nicht mehr in Frage stellen mit dieser Volks­befragung oder Volksabstimmung (Abg. Strache: Aber geh, gar nicht!), sondern Sie können nur einen neuen Vertrag, der in Lissabon abgeschlossen wurde und der Neue­rungen bringt, nicht beschließen lassen. Das heißt, Sie würden auf einen alten Vertrag zurückfallen, der wesentlich schlechtere Regelungen beinhaltet als der neue Vertrag, der dort ausgehandelt wurde. (Abg. Strache: Nein, nein, nein!)

Sie suggerieren der Bevölkerung, dass man hier abstimmt über ja oder nein zur EU (Abg. Strache: Über den Verfassungsvertrag!), das finde ich verwerflich! Denn man stimmt nur darüber ab, ob man einen alten Vertrag mit schlechten Bestimmungen will oder einen neuen Vertrag, bei dem es Verbesserungen gibt. (Abg. Strache: Für Sie ist es „verwerflich“, Österreich abstimmen zu lassen! Das ist „verwerflich“!)

Wissen Sie, was Sie ablehnen? Wissen Sie überhaupt, was Sie ablehnen? Was steht in dem neuen Vertrag drinnen? – Schutz bei ungerechtfertigter Entlassung – als Grund­recht! Das lehnen Sie ab?! Verbot der Kinderarbeit! (Abg. Strache: Dafür brauche ich doch keinen EU-Vertrag! Das ist doch österreichisches Recht!) Das lehnen Sie ab? (Abg. Strache: Haben wir Kinderarbeit in Österreich?) – Das sind die Grund­rechte, die Sie ablehnen? Soziale Sicherheit und soziale Unterstützung – das wollen Sie ablehnen? Das wollen Sie ablehnen? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Das ist ja absurd! Nonsens! Sie wollen den Österreichern das Recht nicht zugestehen!)

Recht auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge! Das lehnen Sie ab mit diesem neuen Vertrag. Sie wissen ja gar nicht, was Sie ablehnen. Das steht alles nicht im alten Vertrag drinnen, aber im neuen würde das drinnen stehen. Das lehnen Sie ab! Sagen Sie das der Bevölkerung, dass Sie den Schutz auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge ablehnen! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Strache.) Sagen Sie das der Bevölke­rung, dann bin ich schon dabei.

Aber Sie stimmen nicht über ja oder nein zur EU ab. (Abg. Strache: Sagen Sie der Bevölkerung die Wahrheit!) Sie stimmen darüber ab, ob der Vertrag von Nizza mit schlechten Bestimmungen gilt oder der Vertrag von Lissabon, wo es Neuerungen und Verbesserungen gibt, wo es in Richtung soziales Europa geht, wo es darum geht, dass die nationalen Parlamente mehr Mitbestimmungsrechte bekommen, wo es darum geht, dass das Europäische Parlament mehr Mitbestimmungsrechte bekommt. – Das lehnen Sie ab in Wirklichkeit. Nur das wollen Sie nicht, es geht nicht um EU – ja oder nein, sondern es geht um den Vertrag von Nizza und um den Vertrag von Lissabon, der Neuerungen bringt. (Abg. Strache: Sind Sie das Kabarett-Programm heute, Herr Kollege? – Abg. Dr. Graf: Aber in Österreich gibt es schon eigene Gesetze! Diese Verfassung katapultiert uns ins soziale Paradies!)

Ich glaube, dass Sie der Bevölkerung hier ganz bewusst suggerieren, ein Nein zu Europa zu sagen – und das ist ganz gefährlich. Sie haben hier Ihre Verantwortung verkannt. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Sie sagen nicht nein zum Vertrag von Nizza und ja zum Vertrag von Lissabon – denn das würde niemand verstehen –, sondern Sie suggerieren ein ganz anderes Thema. Das halte ich für ein ganz gefährliches Spiel mit den Emotionen der Bevölkerung, weil niemand verstehen würde, dass man, wenn man hier nein sagt, auf den Vertrag von Nizza zurückfallen würde – mit ganz schlechten Bestimmungen –, der wirklich gegen eine Grund-Gesundheitsvorsorge ist (Abg. Strache: Wir haben österreichische Ge­setze!), gegen Mitbestimmungsrechte der nationalen Parlamente, gegen Mitbestim-


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