Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll38. Sitzung / Seite 94

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13.00.15

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Wir sehen diesen neuen Vertrag durchaus differenziert, und wir haben durchaus auch unsere Kritik an der Europäischen Union. Es ist aber keine Frage, dass der jetzt in Lissabon verein­barte Vertrag ein Fortschritt gegenüber dem geltenden EU-Recht ist. Er ist auch nichts Neues, nichts völlig Neues, sondern eine Weiterentwicklung des bestehenden Rechts, stellt aber wirklich einen qualitativen Fortschritt dar, vor allem was die Rolle der nationalen Parlamente betrifft und die Verbindlichkeit der Grundrechtecharta. Das war ein besonders wichtiges Anliegen Österreichs, und das wurde hier jetzt erreicht, dass jede Bürgerin, jeder Bürger der EU die Möglichkeit hat, beim Europäischen Gerichtshof zu klagen, um zu ihrem/seinem Recht zu kommen.

Wichtig ist jedoch vor allem die Einfügung der sozialen Dimension. Es ist nicht mehr nur so, dass der Binnenmarkt alles ist, sondern es wurden bestimmte Ziele in den Vertrag eingearbeitet: Vollbeschäftigung, Bekämpfung sozialer Ausgrenzung, die Gleichstellung von Männern und Frauen, soziale Gerechtigkeit. Das sind ganz zentrale, wichtige Fragen, denn das ist auch das, was den Menschen in den EU-Staaten und gerade auch bei uns in Österreich Sorgen macht, dass die EU zu weit weg ist von ihren eigenen Problemen und Sorgen, dass sie sich ihrer zu wenig annimmt. Ich denke, die EU kann nur dann erfolgreich sein, wenn sie auch den Menschen wirklich konkret etwas bringt, nicht nur hehre Worte, sondern Antworten auf ihre Probleme.

Ich möchte den bereits erwähnten Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Cap, Dr. Schüssel, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Vertrag von Lissabon – die politische Einigung bei der Regierungskonferenz am 18. und 19. Oktober 2007 einbringen.

Dieser Antrag lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Dr. Wolfgang Schüssel, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vertrag von Lissabon – politische Einigung bei der Regierungskonferenz am 18./19. Oktober 2007

„Der Nationalrat begrüßt die politische Einigung über den ,Vertrag von Lissabon‘ bei der Regierungskonferenz am 18. bzw. 19. Oktober 2007 und ersucht in diesem Zusam­menhang die Bundesregierung bzw. die zuständigen Mitglieder der Bundes­regierung, die Österreicherinnen und Österreicher über den Vertrag von Lissabon umfassend zu informieren; einen breit angelegten Dialog für Europa mit der österreichischen Bevöl­kerung zu führen, um Vorschläge und Ideen ebenso zu berücksichtigen wie beste­hende Sorgen und Bedenken; sich mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass die im Vertrag von Lissabon insbesondere in der Präambel und in den Artikeln 2, 3 und 4 EU-Vertrag genannten Werte, Ziele und Grundsätze in der konkreten Politik der EU auch tatsächlich realisiert und für die Menschen spürbar werden; und dafür einzutreten, dass in den Politiken der Europäischen Union die soziale Dimension der Union gestärkt und die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit respektiert werden.“

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Ich denke, gerade dieser letzte Satz ist besonders wichtig. Es geht um die soziale Dimension. Das ist der große Fortschritt dieses neuen Vertrages. Es ist natürlich nur ein Grundlagenvertrag, es werden damit nur Voraussetzungen geschaffen. Es wird dann Sache des Europäischen Parlaments, auch der nationalen Parlamente, des


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