Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll38. Sitzung / Seite 125

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Infrastrukturministeriums, des Landwirtschaftsministeriums und so weiter, das heißt, es wäre auch gut, wenn diese Minister hier anwesend wären, um die Bedeutung dieser ganzen Thematik auch zu unterstreichen. Und es ist natürlich völlig richtig, was Kollege Zinggl sagte, nämlich dass damals, als dieses Bautenministerium noch existierte, sicher eine zentrale Möglichkeit gegeben war, um diese Riesenmaterie zu beleuchten. Das fehlt uns heute, und deswegen gibt es auch diese Aufteilung und offenbar auch nicht zufriedenstellende Situationen.

Auf diese gehe ich kurz ein: Es gibt ein völliges Vakuum an siedlungspolitischer Kom­petenz in Österreich. Die Baukompetenzen sind aufgeteilt, die Österreichische Raumordnungskonferenz hat nur empfehlenden Charakter, das heißt, es gibt keine Handhabe des Bundes, um auf Fehlentwicklungen einzugehen.

Völlig kurios ist in diesem Zusammenhang, dass seit 1969 die 2 359 Gemeinden, die wir in Österreich haben, in ihrem Wirkungsbereich eine völlige Hoheit haben, das heißt, gänzlich selbst planen können, und da gibt es natürlich auch Probleme, die aufgezeigt werden müssen. Ich denke daran, dass die Gemeinden natürlich interessiert sind, über die Ausweisung von Wohnbauland eine Steigerung der Einwohnerzahl zu bekommen, um im Rahmen des Finanzausgleiches mehr Mittel zu bekommen. Ich denke auch daran, dass die Gemeinden daran interessiert sind, Unternehmen anzusiedeln, um deren Kommunalsteuer zu bekommen. Das ist an sich nichts Negatives. Wenn es aber zu kuriosen Situationen führt, dass eben Gemeinden dann untereinander konkurrieren, dann ist das sicher für die Gesamtinfrastruktur nicht förderlich.

Ein Beispiel dafür ist ja die Entwicklung im Süden Wiens, wo wir erleben müssen, dass eine Gemeinde durch die SCS Riesengewinne macht und andere Gemeinden, durch die die Autos durchfahren, wo es Umweltbelastungen gibt, in diesem Zusammenhang nur Nachteile auf sich nehmen müssen. Ich denke an die landespolitischen Eigen­bröteleien, wo wir erleben, dass der Landeshauptmann von Niederösterreich anders spricht als der steirische Landeshauptmann und im Bereich des Koralmtunnels und im Bereich des Semmering-Basistunnels völlig unterschiedliche Positionen eingenommen werden.

Das führt schlussendlich dazu, dass es überhaupt keine bundespolitische Richtlinie gibt. Keiner weiß, wohin der Weg in der Infrastruktur-, in der Verkehrspolitik, in der Baukultur, in der Bauwirtschaft gehen soll. Es kann nicht Aufgabe eines Ministeriums sein, so unkoordiniert vorzugehen. Ich bewundere Sie, Frau Bundesministerin Schmied, dass Sie hier sitzen. Sie sind die einzige Ministerin, die diese Aufgabe wahr­nimmt. Aber es muss auch möglich sein, koordinierend zwischen diesen Bereichen vorzugehen.

Ein weiterer Punkt ist der Rückzug aus der politischen Verantwortlichkeit im Bereich der Autobahnen und Schnellstraßen. Wir erleben da bei der ASFINAG eine Kom­petenz­abtretung – wir lagern aus und lagern aus. Die Kompetenzen werden vom Bund weggebracht, zahlen muss aber trotzdem der Bund. Wir sind mittlerweile bei einer extremen Verschuldung der ASFINAG im Bereich von etwa 10 Milliarden € angelangt, und das ist sicher nicht das Gelbe vom Ei.

Ich komme noch ganz kurz auf die Probleme bei der Zersiedelung Österreichs zu sprechen und möchte einige Beispiele dafür bringen. Die Ursache für diese Zersie­delung ist eine völlig falsch gesteuerte Wohnbauförderung, die ja eigentlich der Motor für diese Zersiedelung ist, und das ist natürlich auch ein Problem, das dazu führt, dass wir tagtäglich 21 Hektar an Boden verlieren. 21 Hektar täglich – man kann sich das gar nicht vorstellen –, das sind also in Summe 7 700 Hektar pro Jahr, umgerechnet eine Fläche im Ausmaß der Stadt St. Pölten. Das heißt, jedes Jahr verlieren wir durch Zersiedelung eine Fläche in der Größenordnung der Stadt St. Pölten. Und das ist ein


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite