Ich habe den Film „Sicko“ des Amerikaners Michael Moore gesehen, in dem Krebskranke ihr Haus verkaufen und 2 000 Kilometer weit fahren müssen, um in der Garage der Kinder zu wohnen – und das alles, nur weil sie krebskrank sind! –, und ich muss auch als Hausarzt bezüglich dieses teuersten Systems der Welt, das angeblich so gut ist, das aber glatt 50 Millionen Menschen nicht versorgt, ganz ehrlich sagen: Ich habe den Vergleich angestellt, ich bleibe lieber in Österreich.
Wir brauchen nur vor die Haustür zu schauen: Deutschland hat sich selbst riesige Probleme eingehandelt, weil es den falschen Weg geht. Das Land hat in den letzten zehn Jahren die Anzahl der Spitäler um 25 Prozent reduziert, und es will weitere 25 Prozent schließen oder zum Teil umwidmen.
Das heißt – das wird ganz klar gesagt –, dass im ehemaligen Ostdeutschland im Umkreis von 100 Kilometern kein Spital existiert. Das bedeutet, dass, wenn Sie einen Notfall haben, die Rettung 100 Kilometer weit fahren muss, um Sie abzuholen, und dann wieder 100 Kilometer fahren muss, um ins Spital zu kommen. Hunderte Praxen sind nicht mehr führbar und verwaist, weil keiner dort hingehen will, und es wird mehr oder weniger nicht sehr gerne gesehen, wenn teure Medikamente verschrieben werden. Nur ein Fünftel der Alzheimer-Patienten und nur ein Fünftel der Schizophrenie-Patienten bekommt seine Medikamente, weil Ärzte vom Regress bedroht sind.
Ich muss Ihnen sagen, ich werde alles daransetzen, dass ich als Arzt und meine Ärztekollegen nicht unter finanziellen Druck gesetzt werden und wir dann diesen Druck an die Patienten weitergeben müssen. (Beifall bei der ÖVP.)
Wenn wir EU-weit die höchste und weltweit eine sehr hohe Zufriedenheit haben, die Ministerin sagt, wir haben das weltbeste System – ich bin nicht so vermessen, aber wir diskutieren über ein sehr hohes Niveau, das wir erhalten und ausbauen wollen –, könnte man fragen: Ist wirklich alles perfekt? – Nein, natürlich ist nicht alles perfekt, deswegen versuchen wir gerade mit dieser Artikel-15a-Vereinbarung Verbesserungen zu bringen.
Wir wollen wegkommen vom Ruf, Weltmeister im Im-Spital-Liegen zu sein, jawohl, wir wollen extramural mehr tun, jawohl, wir brauchen mehr Planung – wir haben in Österreich weiße Flecken, schauen Sie sich zum Beispiel einmal die Kinderpsychiatrie an! –, jawohl, wir wollen kürzere Wartezeiten, jawohl, wir wollen Qualität. Auf der anderen Seite sind wir stolz darauf, dass wir eine so gute Versorgung haben, und wir sind dankbar dafür, dass 340 000 Beschäftigte im Gesundheitswesen, darunter 30 000 Ärzte, verlässlich für gute Qualität sorgen.
Willi Molterer als Finanzminister und die Länder haben jetzt gemeinsam die Spitäler für sechs Jahre abgesichert. Es hat Pläne gegeben, jedes dritte Spital zu sperren. Wenn wir allein dem Rechenstift der Ökonomen gefolgt wären, dann wären viele Landstriche Österreichs heute wahrscheinlich ohne Spital und wahrscheinlich wäre die Versorgung schlechter. Deshalb bin ich dankbar dafür – auch als Arzt, der Gott sei Dank noch wenige Leistungen in Anspruch nehmen musste –, dass wir das System im Spitalswesen für unsere chronisch Kranken, für unsere Älteren jetzt für sechs Jahre abgesichert haben, und ich hoffe, dass die notwendigen Reformen draußen dann auch folgen werden.
Lassen wir uns nicht irremachen von dem Wort Defizit! Meiner Meinung nach kann es im Gesundheitswesen nur ein Defizit geben, nämlich das Defizit an Menschlichkeit. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
11.56
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. 7 Minuten Redezeit. – Bitte.
HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite