Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 367

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„Die Presse“ von morgen schreibt mit seherischer Qualität auf Seite 5, dass die Frei­heitlichen einen Misstrauensantrag gegen Minister Darabos eingebracht haben und dieser abgelehnt wurde. Herr Klubobmann Schüssel, damit hat jeder gewusst, es wird heute einen Misstrauensantrag geben. Und es ist nicht verboten in einer Koalition, wenn das auch ein Minister, eine Ministerin liest, dass sie sagt: Aha, da wird es heute einen Misstrauensantrag gegen einen Minister einer Regierung geben, der ich auch angehöre, und ich habe den Antrag im Ministerrat eingebracht, ich, die Außen­ministerin. – Da wäre es doch eine gute Geste gewesen, wenn sie heute hier auf der Regierungsbank gesessen wäre. Mehr sage ich nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

0.58


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Ich mache Sie darauf aufmerksam: Die Restredezeit Ihrer Fraktion beträgt 6 Minuten. – Bitte.

 


0.58.47

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ers­tens herzlichen Dank für die gelungene Selbstdarstellung der Koalition. Das war durch­aus überzeugend.

Zweitens: Herr Bundesminister für Landesverteidigung, Sie haben in Ihrer kurzen Amts­zeit zwei Entscheidungen getroffen, die Entscheidung über Eurofighter und die Entscheidung über den Tschad-Einsatz. (Abg. Dr. Graf: Und die Ausräumung der Führungsebene!) Beide Entscheidungen sind fahrlässig und falsch getroffen worden.

Zur ersten: Sie haben versucht, Ihren Eurofighter-Vertrag, den Vergleich in einem geheimen Keller des Parlaments vor der Öffentlichkeit zu verstecken. Dieser Versuch ist gescheitert, auch weil die ÖVP hier bestimmte koalitionstaktische Interessen vertritt. Wenn es zum Nutzen des Parlaments ist, Herr Dr. Schüssel, warum nicht? Haupt­sache, es kommt auf den Tisch, es kommt in den Landesverteidigungsausschuss. Sie sind dem Parlament und der Öffentlichkeit jetzt im Wort. Ich halte das für gut. Manchmal führt auch der Koalitionsstreit zu einem durchaus demokratieverträglichen Ergebnis. (Beifall bei den Grünen.)

Zweitens: das Mandat Tschad. Herr Bundesminister, Sie hätten besser zuhören sollen. Ich habe im Namen unserer Fraktion ein Angebot formuliert: das Angebot, die Lage noch einmal mit fünf Parteien gemeinsam zu besprechen, eine gemeinsame Lage­beurteilung neu zu erstellen und daraus einen politischen Schluss zu ziehen.

Ich glaube, dass der politische Schluss aus allem, was wir wissen, aus heutiger Sicht nur lauten kann: Österreich muss aus dem Tschad-Mandat aussteigen, weil es nicht durchführbar ist und weil alles darauf hindeutet, dass wir kurz nach Beginn des Ein­satzes schon vor dem Neutralitätsfall stehen können. (Zwischenruf des Abg. Dr. Schel­ling.)

Österreich macht sich – und ich glaube, dass das keine politische Absicht war – zu einem Instrument der französischen Tschad-Politik. (Ruf bei der ÖVP: UNO-Be­schluss!) Sie können heute niemandem erklären, wie sich Frankreich, das durch einen Vertrag zur Militärhilfe an den Tschad verpflichtet ist, wie sich das französische Streit­kräftekommando im Tschad verhalten wird und wie österreichische Bundesheer­angehörige, wie Ihre Offiziere, wie unsere Soldaten in Fällen, wo sie Befehle eigentlich nicht mehr befolgen dürften, weil sie eindeutig parteilich sind und eindeutig die Interessen der Diktatur im Tschad gegen andere vertreten, sich verhalten sollen. Es gibt keine Exitstrategie. Und wenn es keine militärische Exitstrategie gibt, dann muss es eine politische Exitstrategie des Nationalrates geben.

 


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