Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 124

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Abschließend aber nochmals: Lassen wir die Kirche im Dorf, denn unser Land ist gut unterwegs! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.02


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Gla­wischnig-Piesczek. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.02.05

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Herr Kollege Stummvoll hat jetzt in erfrischender Offenheit klargelegt, was er von einem Drittel der Abgeordneten hier im Hohen Hause hält: Seiner Meinung nach sind sie eigentlich überflüssig; Opposition ist nicht erwünscht, sie haben ohnehin nichts beizutragen, außer alles nur schlecht zu finden! – So, glaube ich, stellt sich die öster­reichische Bevölkerung das österreichische Parlament nicht vor – und so funktioniert es auch nicht. Im Gegenteil! (Beifall bei den Grünen.)

Die Damen und Herren von der Regierung (die Rednerin dreht sich kurz zur Regie­rungsbank um) sind heute hier so einig erschienen, aber mittlerweile zerbröselt diese Einigkeit wieder. Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Ich finde, Sie wären gut beraten, über das Streiten in dieser Regierung nachzudenken und die Vor­schläge, die von gut einem Viertel der Abgeordneten hier im Hause kommen, hie und da etwas ernster zu nehmen und auch ein bisschen ernster zu diskutieren. (Zwischen­ruf des Abg. Scheibner.)

So ist es auch mit der Sozialpolitik und auch mit der Frage der sozialen Gerechtigkeit: Den Kardinalfehler, den aus meiner Sicht viele Politiker der ÖVP vor allem machen, ist, die Gesamtwirtschaftsindikatoren darzustellen und zu sagen: Geht es der Wirtschaft gut, geht es uns allen gut!, dabei aber ganz wesentliche Faktoren vollständig auszu­blenden, nämlich: Wie ist der wirtschaftliche Wohlstand tatsächlich verteilt? Wer profi­tiert davon?

Da sind wir dann schon bei ganz anderen und sehr spannenden Fragen. Ich meine, im Jahre 2008 ist es die Aufgabe einer Regierung, innovative Sozialpolitik, innovative Um­weltpolitik zu überlegen und sich dabei natürlich auch die Frage der Finanzierung zu stellen. Da wird man aber mit solchen Floskeln wie „Lassen wir die Kirche im Dorf!“ nicht auskommen, sondern da muss man sich die Probleme, die es in Österreich gibt, tatsächlich anschauen, und diese sind: Österreich entwickelt sich in manchen Berei­chen zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft. Es gibt Menschen in Österreich, die von ihrem Arbeitseinkommen nicht mehr leben können. Eine ganze Generation junger Menschen arbeitet in keinen fixen Arbeits- und Angestelltenverhältnissen mehr. Diese jungen Menschen leben in Werkvertragsverhältnissen, in prekären Arbeitsverhältnis­sen – und mittlerweile arbeitet die Hälfte aller Frauen in Österreich in Teilzeit. Ich halte diese Arbeitsbedingungen für extrem verbesserungswürdig und keinesfalls für zufrie­denstellend und finde, dass jetzt nicht Zeit zum Loblied-Singen ist. (Beifall bei den Grü­nen.)

Verteilungsfragen sind bei Ihnen offensichtlich nicht gern angesprochene Fragen. Ich musste ab und zu lächeln, als ich heute hier den Rednern vom BZÖ zuhörte, aber auch manchen von der FPÖ, die ja ab dem Jahr 2000 teilweise in der Regierung waren und vorgezeigt haben, wie man umverteilen kann, und zwar umverteilen von unten nach oben. Das ist seit dem Jahr 2000 extrem evident gewesen: Sie haben eine Steuer­reform durchgeführt, und zwar eine erhebliche Steuerentlastung für große Aktiengesell­schaften. (Abg. Ing. Westenthaler – am Rednerpult vorbeigehend –: Sie haben ein be­zauberndes Lächeln!)

 


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