Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung, 9. April 2008 / Seite 85

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Versprechungen sind ja zerplatzt wie eine Seifenblase! Das Gegenteil ist eingetreten! Aber alle, die damals gewarnt haben, wurden von Ihnen lächerlich gemacht: alle, die damals gewarnt haben, dass diese Europäische Union der Kopf des Globalisierungs­wahnsinns sein wird – eine Industrielobby, die dort gepflegt wird, statt sozialer Politik –, alle, die gesagt haben, es wird Teuerungswellen geben, es wird eine Inflation auf uns zukommen, es wird für die Bevölkerung schlechter und teurer werden. Und das bestä­tigt ja auch das WIFO, laut dem wir in der Kaufkraft schlechter als vor 15 Jahren liegen. Genau das alles ist eingetreten!

Sie aber wollen den nächsten Schritt setzen und wieder manipulativ den Österreichern das Tollste versprechen – wo nachher das helle Erwachen kommt, wie etwa der Abbau von sozialen Errungenschaften.

Sie sind bereit, heute einen zentralistischen Bundesstaat Europa möglich zu machen, den keiner in Europa will. Die Völker Europas werden ja gar nicht in Abstimmungen ge­fragt! Nach den Volksabstimmungen in Frankreich und Holland ist man ja jetzt gar nicht mehr bereit, Volksabstimmungen möglich zu machen, weil man ja Angst hat vor dem Volk. Das Volk hat ein gutes Grundgespür, und man will keinen zentralistischen Bun­desstaat, wo wir zu einem reinen Verwaltungsorgan und Bundesland der Europäischen Union verkommen sollen. Wie im alten Rom: Eine kleine Provinz von Brüssel sollen wir werden! (Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen.) – Genau das aber wollen die Menschen nicht!

In den letzten Wochen haben wir viele salbungsvolle Worte von ÖVP, von Sozialdemo­kraten, von Regierungsvertretern gehört, die gesagt haben – gerade anlässlich des Gedenkjahres war das eine der Hauptaussagen –: Damals hat kein Politiker an die Eigenständigkeit und Lebensfähigkeit Österreichs geglaubt! – Und das wurde zu Recht verurteilt und angeprangert. Aber ich frage Sie heute schon ganz offen: Warum glau­ben Sie nicht an die Eigenständigkeit und Überlebensfähigkeit unseres Österreich, das sich in den letzten Jahrzehnten hervorragend behauptet hat?! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Schüssel: ... uns in der EU hervorragend behaupten!)

Ich glaube an dieses Österreich, so wie viele Österreicher an ihre Heimat glauben!

Schauen wir uns diesen EU-Vertrag an, und befassen wir uns mit den Inhalten: Wenn dieser EU-Reformvertrag und Verfassungsvertrag in Kraft treten soll, dann wird unsere Neutralität ein weiteres Mal ausgehöhlt. Wir haben schon viele Aushöhlungen erlebt. Die Petersberger Beschlüsse, wonach bei einem Angriff auf die Europäische Union Ös­terreich eine Beistandspflicht zu leisten hat, waren schon eine erste Aushöhlung. In der Frage, wie wir unsere Neutralität brechen, hat das Parlament die Entscheidungs­gewalt.

Jetzt gehen Sie her und unterstützen einen Reformvertrag, der sogar davon spricht, dass bei Terrorangriffen gegenseitiger EU-Beistand zur Pflicht wird, und in dem sogar auch angedeutet wird, dass der präventive Angriffskrieg der EU außerhalb der Europäi­schen Union möglich werden kann. – Und da sagen Sie, das ist keine Aushöhlung der Neutralität?! – Natürlich, Sie müssen dann hier im Hohen Haus beschließen, in welcher Art und Weise; das hat man sich noch erhalten. Aber die Parteilichkeit ist dadurch fest­gelegt. Die Art und Weise des Beistandes wird hier zwar beschlossen, aber mit Neutra­lität hat das nichts mehr zu tun!

Zweitens: Ein EU-Vertrag, der die gemeinsame Außenpolitik vorsieht. – Ja, „schön“: Wie passt denn die gemeinsame Außenpolitik zu einer neutralen Außenpolitik Öster-


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