Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung, 9. April 2008 / Seite 104

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Für die Konsumentinnen und Konsumenten besonders wichtig – und da ist die Union in Wirklichkeit ein absoluter Segen gewesen –: Denken Sie nur an die Verbilligungen bei Telefon, bei den Auslandsgesprächen, denken Sie nur an die Banküberweisungen. Denken Sie daran, dass bei Kinderspielzeug derzeit die Kommission für uns einen ent­schlossenen Kampf gegen Billigimporte aus Asien führt und verhindert, dass Spielzeug mit giftigen Substanzen in unsere Kinderzimmer gelangt. Könnten wir das allein besser durchsetzen? (Ruf bei der FPÖ: Freilich!) Aber woher! Solch ein Argument ist doch lä­cherlich. Da ist die Union ein absoluter Schutz und Nutzen für uns alle, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Denken Sie daran, dass die Europäische Union Schadenersatz bei Verspätungen im öffentlichen Verkehrsbereich eingeführt hat! Denken Sie daran, dass zum Schutz der Konsumenten unsichere Luftlinien, der europäische Luftraum gesperrt wurde! Denken Sie daran, dass Hunderte Millionen an Strafen an multinationale Konzerne verhängt wurden! Glaubt irgendjemand, dass etwa das österreichische Kartellamt Microsoft hät­te verknacken können? Nein! Die Europäische Union nützt und schützt jedem und je­den Einzelnen, wenn sie es richtig macht. Ich glaube, dieser Vertrag ist eine sinnvolle Handlungsanleitung.

Meine Damen und Herren, es wird mit 500 Millionen Menschen und 27 Staaten kein Europa à la carte geben, wo sich quasi jeder im Modulsystem aussuchen kann, was ihm am besten passt, sondern es braucht Spielregeln. Ein mittleres Land wie Öster­reich muss dabei auch seine Interessen definieren. Jetzt sage ich ganz offen, und ich stelle das auch zur Diskussion: Ich glaube, ein mittleres Land wie Österreich, das et­was verändern will in Richtung Sozialunion, Umweltunion, Friedensunion, in Richtung Klimaschutz, in Richtung gemeinschaftliche Anstrengungen in der Forschung, kann kein Interesse daran haben, dass die Stopp-Taste überdimensional ausgeprägt ist, kann kein Interesse haben am Stillstand und am Veto Einzelner, die etwas blockieren wollen. Unser Interesse ist es, diese Weiterentwicklung genau in die richtige Richtung, die wir hoffentlich auch gemeinsam definieren können, zu unterstützen.

Deshalb glaube ich, dass wir eher ein Interesse an dieser doppelten Mehrheit haben. Doppelte Mehrheit heißt: Zwei Drittel der europäischen Bevölkerung und die Mehrheit der Staaten – 55 Prozent der Staaten – müssen zustimmen, damit überhaupt ein Be­schluss in Europa zustande kommt. Das ist die beste Garantie dafür, dass ein kleine­res oder mittleres Land nicht überstimmt werden kann. Selbst wenn alle vier oder fünf großen zusammenwirken, braucht es noch immer zehn mittlere oder kleine, dass über­haupt ein Beschluss zustande kommt. Daher sind diese doppelte Mehrheit und die Möglichkeit, weiterzugehen und ein Veto eines Einzelnen zu überwinden, der richtige Weg; strategisch gesehen für uns absolut richtig.

Meine Damen und Herren! Dort, wo es für uns wichtig ist – das sei auch ausgespro­chen –: bei Grund und Boden, kein Ausverkauf des österreichischen Wassers, bei den Dienstleistungen etwa unserer Gemeinden oder auch bei der Sicherheit, dass auf ös­terreichischem Gebiet kein Atomkraftwerk errichtet werden kann, dort ist und dort bleibt das Veto Österreichs gesichert.

Daher, meine Damen und Herren, und damit schließe ich: Es gibt überhaupt keinen Grund, Angst zu haben vor diesem Vertrag. Giscard d’Estaing – nebenbei bemerkt, Pe­ter Westenthaler – war deswegen skeptisch, weil er noch mehr wollte. Ich sage ganz offen, ich hätte gar nichts dagegen gehabt. Mit Symbolen wie der Fahne, die wir heute neben der österreichischen aufgestellt haben, oder der Hymne, die von Beethoven in


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