Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung, 9. April 2008 / Seite 105

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Wien komponiert, in Wien uraufgeführt und von Herbert von Karajan als Europahymne ausgewählt wurde, hätte ich überhaupt kein Problem.

Ich glaube, dieser Vertrag ist eine vernünftige Basis für ein besseres Europa. Damit dies auch mit Leben erfüllt wird, müssen wir noch viel arbeiten, aber es ist ein guter Ausgangspunkt. Keine Angst also davor, aber er bedeutet viel Arbeit für die Zukunft. (Anhaltender Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

11.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Dr. Van der Bellen. Seine Redezeit beträgt ebenfalls 15 Minuten. – Bitte.

 


11.58.56

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Da­men und Herren! Ich hätte mir gewünscht, dass Ihr Engagement, Herr Dr. Schüssel, beziehungsweise jenes von Herrn Dr. Cap in Europa-Debatten schon früher sichtbar geworden wäre und nicht nur heute im Rahmen dieser Europa-Debatte. (Beifall bei den Grünen.) Das betrifft Herrn Dr. Cap mehr als Sie, Herr Dr. Schüssel. (Abg. Dr. Graf: Jetzt ist er endlich auf den grünen Zug aufgesprungen!) Ich kann mich gut daran erin­nern, dass Dr. Cap im Rahmen der EU-Erweiterung sehr zögerlich unterwegs war und keineswegs dieses Feuer versprüht hat, das er heute hier vom Rednerpult aus ver­sprüht hat.

Ich habe mich zwischendurch gefragt, woher es kommt, dass in Österreich offenbar diese EU-Skepsis besonders weit verbreitet ist. Einer der Gründe dafür wird wohl sein, dass wir vieles als selbstverständlich annehmen, was aber erst im Rahmen dieser letz­ten zehn, 15 Jahre passiert ist.

Ich erinnere mich gut daran, wie es war, als ich Mitte der siebziger Jahre, also 20 Jahre vor dem EU-Beitritt Österreichs, in Berlin, in West-Berlin gearbeitet habe. Herr Strache, das war im neu gegründeten Wissenschaftszentrum in West-Berlin, wir waren zu min­destens 90 Prozent als Ausländer in diesem Forschungsinstitut tätig – für die damali­gen Verhältnisse ein absolut revolutionäres Konzept; ich habe mich dort „sauwohl“ ge­fühlt.

Aber alle dortigen Ausländer – egal, ob europäische, US-amerikanische, südamerikani­sche und so weiter – mussten sich jedes Jahr bei der Fremdenpolizei anstellen: ein Jahr Aufenthaltsgenehmigung, ein Jahr Arbeitsgenehmigung. Es ist inzwischen selbst­verständlich, dass es das zumindest für EU-Bürger innerhalb der Europäischen Union nicht mehr gibt. (Zwischenruf des Abg. Lutz Weinzinger.) Das ist eine der vier Grund­freiheiten, die Niederlassungsfreiheit, die freie Wahl des Arbeitsplatzes innerhalb der Union – und ich und die Grünen, Herr Kollege, betrachten das als wesentliche Erweite­rung des Freiheitsspielraums europäischer Bürger!

Sie hingegen wollen offensichtlich die Schlagbäume wiedererrichten, wenn nicht sogar die Stacheldrähte an den österreichischen Grenzen wiedererrichten! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das ist sicher nicht im Interesse der österreichischen Bürger und Bürgerin­nen. Diese Freiheiten sind wichtig, und die wollen wir behalten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Trotzdem muss ich sagen, damals war ich eher skeptisch, was den Beitritt Österreichs zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft beziehungsweise Europäischen Gemein­schaft, wie sie damals hieß, betrifft. Ich erinnere mich gut – das muss Ende der achtzi-


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