Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung, 9. April 2008 / Seite 114

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(Zahlreiche Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das heißt, wir fallen nicht in einen rechtsleeren Raum zurück, über den man in einer Volksabstimmung zu beschließen hätte, sondern man bewirkt nichts anderes, als die Regelungen des schlechten und nicht mehr adä­quaten Vertrags von Nizza beizubehalten und verweigert so die künftige Geltung der guten Bestimmungen, die im Vertrag von Lissabon enthalten sind. Der guten Bestim­mungen sind zu wenige, aber wir haben die Hoffnung, dass wir auch in Zukunft noch weitere Bestimmungen werden hinzufügen können.

Jetzt zu den konkreten Argumentationen, die Sie hier vortragen, was nicht passieren sollte. Sie suggerieren in Ihrer Argumentation, dass, wenn man den Vertrag von Lissa­bon nicht unterzeichnet, nicht ratifiziert, nicht beschließt, man aus der Europäischen Union austrete. Sie suggerieren das! (Abg. Dr. Graf: Das habe ich gar nicht gesagt!) Sie widmen aber dem Vertrag von Nizza kein Argument, an dem all Ihre Kritik mit der gleichen Berechtigung anzubringen wäre, hätten Sie ihn nicht mitbeschlossen.

Es ist die Frage der Neutralität, die Sie immer an die Spitze Ihrer Ausführungen stellen. Auf die Argumente mit der „Blutschokolade“ und den Schildläusen im Joghurt, die jetzt in der Geschmacklosigkeit der Todesstrafe gipfeln, gehe ich nicht ein, denn das wäre geschmacklos. (Abg. Kickl: Auf den Schilling gehen Sie auch nicht ein! Auf die Anony­mität der Sparbüchln gehen Sie auch nicht ein!) Das ist einer Diskussion auf intellek­tuellem Niveau, wie wir es hier gewohnt sind, nicht würdig. Sie wissen, dass es falsch ist, was Sie sagen. Sie sagen bewusst die Unwahrheit. Sie verunsichern die Bevölke­rung mit Argumenten, denen wir an Geschmacklosigkeit nichts entgegenzusetzen ha­ben, und Sie disqualifizieren sich selbst, wenn Sie weiterhin auf einem derartigen Ni­veau argumentieren.

Ich möchte Sie nur daran erinnern, dass Herr Abgeordneter Bösch, der noch immer Freiheitlicher ist, beim EU-Verfassungsvertrag sehr wohl mitgestimmt hat, auch bisher sehr wohl mitgestimmt hat bei all diesen Änderungen, die jetzt auch im Vertrag von Lis­sabon enthalten sind. Es war also nicht so, dass die Freiheitlichen da dagegen waren.

Herr Abgeordneter Scheibner – daran kann ich mich noch gut erinnern – hat eine flam­mende Rede für den Verfassungsvertrag gehalten, der im Wesentlichen etwas weiter­gehende Bestimmungen enthalten hat als dieser Vertrag. Da war auch nie die Rede von einer Volksabstimmung, sondern er war damals ein glühender und begeisterter Verfechter dieser Verträge. (Abg. Dr. Bösch: Die Durchführung einer Volksabstim­mung war immer meine Position!)

Zur Neutralität: Der wesentliche Kern unserer Neutralität besteht darin, dass wir bei al­len unseren Beitrittsverhandlungen oder Beistandsverpflichtungen immer noch die Souveränität haben, in Österreich zu entscheiden, was und wie wir beitreten oder hel­fen. Das ist das Wesentliche, und das ändert sich nicht mit diesem Vertrag. Diese so­genannte irische Klausel gibt es bereits in den Vorgängerverträgen. Das heißt, man än­dert hier nichts an der Neutralität, sondern wir haben den Vertrag von Nizza, der jetzt gültig ist, und wir haben dann den Vertrag von Lissabon, der dann gültig ist, und nichts hat sich geändert in dieser Frage. (Abg. Dr. Graf: Warum brauchen wir dann den Ver­trag, wenn sich nichts ändert?)

Wir können nach wie vor souverän in unserem Parlament entscheiden, was und wie wir das wollen. Daher ist diese Argumentation, die Sie verwenden, vollkommen falsch. (Abg. Dr. Graf: Da widersprechen Sie aber jetzt dem Bundeskanzler: Er hat behauptet, dass alles anders wird, und Sie sagen jetzt, es bleibt alles gleich!)

 


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