Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung, 9. April 2008 / Seite 113

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Soll ich Ihnen etwas sagen? (Abg. Strache: Sie zwingen uns!) – Nein, wir wollen die­sen Vertrag ratifizieren. (Abg. Strache: Sie zwingen uns dazu!) Wir wollen ihn völlig freiwillig ratifizieren, weil wir der Meinung sind, es ist ein wichtiger, ein notwendiger und ein richtiger Schritt für Österreich und für Europa, und wir sind daran interessiert, dass Europa funktionsfähig bleibt, dass Europa die wahren Herausforderungen annehmen kann und wir wollen nicht die von Ihnen heraufbeschworene Isolation Österreichs, wir wollen nicht den Weg Österreichs irgendwo hinein, wo niemand mit uns etwas zu tun haben will. Wir wollen den erfolgreichen Weg für ein soziales und demokratisches Europa fortsetzen. (Abg. Dr. Haimbuchner: Das glaubt nicht einmal Erich Haider aus Oberösterreich!) Dem fühlt sich die österreichische Bundesregierung verpflichtet, und diesen Weg werden wir mit aller Konsequenz weitergehen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Wittmann zu Wort. Die Redezeit der fünf nächsten Redner und Rednerinnen be­trägt jeweils 10 Minuten. – Bitte.

 


12.29.09

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Mitglieder auf der Regierungsbank! Hohes Haus! (Abg. Dr. Graf: Dürfen wir noch eine eigene Meinung haben oder müssen wir die SPÖ vorher fragen? – Abg. Ing. Westenthaler: Weiß Herr Haider von der SPÖ Oberösterreich das auch?)

Es herrscht hier jetzt große Aufregung. Zunächst möchte ich einmal zum Grundsätzli­chen etwas sagen: Ich halte es ausdrücklich für eine wirklich gefährliche Argumenta­tion, zu behaupten, dass die Mechanismen der repräsentativen Demokratie nicht de­mokratisch sind. Das muss ich als Verfassungssprecher an die Spitze meiner Ausfüh­rungen stellen, denn sie sind ebenso demokratisch wie jeder andere Weg, der in unse­rer Verfassung vorgezeichnet ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Das galt dann aber auch bei den Abfangjägern!)

Daher ist es auch Aufgabe der repräsentativen Demokratie, ihre Entscheidungen zu treffen. Die Abgeordneten haben die Verantwortung für ihre Entscheidungen zu über­nehmen. Das ist genauso demokratisch wie jeder andere Weg, den wir in unserer Ver­fassung vorgesehen haben. (Abg. Dr. Graf: Ja, sicherlich!)

Was hier heute vorliegt, ist eine Aufregung, die künstlich erzeugt wird. (Abg. Dr. Haim­buchner: Was soll das heißen? Erklären Sie uns das!) Man tut so, als ob wir das erste Mal nach unserem Beitritt über einen EU-Vertrag entscheiden würden. Das ist aber nicht der Fall! Das ist der dritte Vertrag seit unserem Beitritt; das ist nicht der erste Ver­trag, den wir abschließen. Es ist der dritte! Wir haben den Vertrag von Amsterdam auf diese Art und Weise ratifiziert, wir haben den Vertrag von Nizza hier im Parlament auf diese Art und Weise ratifiziert. Diese Vorgangsweise ist keine Neuerung gegenüber den anderen Verträgen. Und es ist auch das Gewicht dieses Vertrags von Lissabon kein anderes als das Gewicht des Vertrages von Nizza. Daher kann man sehr wohl ru­higen Gewissens auch jetzt diese Vorgangsweise, die wir für die anderen Verträge ge­wählt haben, wieder wählen. (Abg. Lutz Weinzinger: Das ist jetzt anders!)

Das Schändliche an Ihrer Argumentation ist, dass Sie verschweigen, dass, wenn man gegen den Vertrag von Lissabon ist, man damit keinen rechtsleeren Raum erzeugt, sondern die Regelungen des Vertrags von Nizza weiter gelten würden. Diese Regelun­gen sind aber wesentlich schlechter als die Regelungen, die wir heute beschließen.


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