Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung, 9. April 2008 / Seite 122

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dann gehen alle wieder nach Hause und machen, was sie wollen? Wie soll denn da überhaupt irgendeine demokratische Struktur in Europa funktionieren?

Sie haben überhaupt keine Vorstellung, überhaupt kein Konzept, wie es weitergehen soll. Sie verharren jetzt nur in einer demagogischen, populistischen, üblen Kampagne und nützen die Ängste der Bevölkerung ganz brutal und eiskalt aus. Das ist die Wahr­heit. (Beifall bei den Grünen.)

Warum gibt es diese Ängste? – Darüber muss man vielleicht auch noch zwei Sätze verlieren. Es wurde in den letzten Jahren viel über die Wohlstandsgewinne geredet. Aber der Hintergrund, vor allem der österreichische Hintergrund, ist tatsächlich der, dass an dem Wohlstand, der uns prognostiziert worden ist und der objektiv in Summe auch eingetroffen ist, viele Einzelne, einzelne Gruppen nicht mehr teilhaben. Das ist das Auseinandertriften auch der österreichischen Gesellschaft, dass die Einkommens­unterschiede zwischen den höchsten und den niedrigsten Einkommen immer weiter auseinandergehen, die Lohn- und Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern weiter auseinandergehen, dass Einkommen aus Kapital und aus Arbeit nicht gleich besteuert sind, also ein Ungerechtigkeitsproblem, das wir in Österreich zu lösen haben.

Vor diesem Hintergrund, vor diesen Ängsten schüren Sie Europaskepsis und Europa­ängste. Da könnten Sie schon ein bisschen mutiger sein und vielleicht auch einmal die Bundesregierung beim Wort nehmen und auch von der Bundesregierung einmal So­zialpolitik einfordern, statt einfach nur die Europäische Union schlechtzumachen.

Das brauchen wir nämlich: Nicht nur eine Minigrundsicherung und eine verpfuschte Pensionserhöhung, zwei Monate vorgezogen, sondern wir brauchen echte Gerechtig­keitsumverteilungspolitik. Und das ist Ihre Aufgabe. Da brauchen Sie sich nicht einfach hinzustellen und zu sagen, mehr Information, der Bürger hat zu wenig Information über die Europäische Union, sondern der Bürger und die Bürgerin, die wollen auch konkrete Sozialpolitik in Österreich haben. Es ist unsere und Ihre Aufgabe, das auch anzuneh­men und zu lösen.

Damit bin ich jetzt auch noch bei unserer Vorstellung und Vorgabe für die Europäische Union. Wir sind in vielen Bereichen absolut nicht zufrieden. Wir möchten eine Weiter­entwicklung. Wir möchten eine drastische Weiterentwicklung, was die Energiepolitik betrifft. Wir möchten eine Revision des EURATOM-Vertrages. Wir möchten, dass die­ser Förderzweck wegkommt, und wir werden das europäische Volksbegehren dafür nutzen. Wir möchten, dass die soziale Dimension noch stärker verankert wird. Wir möchten, dass die Europäische Union friedensorientiert unterwegs ist. Erste Schritte – Unterwerfung unter die UN-Charta, Unterwerfung unter die Menschenrechtskonven­tion – sind mit diesem Vertrag getan, aber es gibt noch sehr, sehr viel zu tun und in der Politik auch zu ändern.

Ich lade Sie ein, daran zu arbeiten und nicht, so wie jetzt, einfach die Ausschüsse zu schwänzen. Das ist keine Gestaltung für die Zukunft: Und vor allem: Sie machen es of­fensichtlich absichtlich, um dann im Nachhinein sagen zu können, Sie haben keine Ah­nung.

Ich möchte auch heute hier im Haus einen gemeinsamen Antrag zustande bringen – ich warte im Moment noch auf die Meldung –, um mit ÖVP und SPÖ gemeinsam diese Leitplanken, diese Ausrichtung – Friedensorientierung, stärkere ökologische Orientie-


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