Herr Professor Schachtschneider ist übrigens nicht irgendwer, sondern es ist jener Rechtsexperte, dem es gelungen ist zu verhindern, dass der deutsche Bundespräsident Horst Köhler den Vorgänger dieses Reformvertrages, den Verfassungsvertrag, unterzeichnen konnte, er hat also in Karlsruhe recht bekommen. (Abg. Dr. Spindelegger: Nach deutschem Verfassungsrecht!)
Sie dagegen, Sie von der ÖVP, der SPÖ und von den Grünen, werden heute hier den sogenannten Reformvertrag ratifizieren. Sie machen das im zweiten Anlauf, denn beim ersten Mal, als Sie am 11. Mai 2005 seinen Vorgänger, den Verfassungsvertrag, auch hier ratifiziert haben – ich habe damals dagegen gestimmt –, sind Sie damit gescheitert. Volksabstimmungen in Frankreich und in den Niederlanden haben Ihre Ratifizierung zunichte gemacht, und eigentlich wäre eine Kurskorrektur notwendig gewesen.
Stattdessen haben Sie – Herr Bundeskanzler, ich zitiere Sie, das haben Sie einmal so hier im Plenum gesagt – Ihre Aufgabe nach dem Scheitern der Verfassung so gesehen: Wie können wir ein Maximum dieses Vertrages retten? – Wir sind der Meinung, dass das überhaupt nicht Ihre Aufgabe war! Ihre Aufgabe wäre gewesen zu fragen: Welche Kurskorrektur ist vorzunehmen, damit ein zukünftiger Vertrag eine Mehrheit und die Zustimmung der Bürger findet? – Das wäre Ihre Aufgabe gewesen! (Beifall bei der FPÖ.)
Tatsächlich ist dieser neue Entwurf aber weitgehend gleich geblieben. Frau Außenministerin! Sie selber haben gejubelt: 95 Prozent sind gleich geblieben! – Nur damit man das auch weiß, weil jetzt von manchen Rednern versucht worden ist, diesen Vertrag sehr weit herunterzustufen und zu sagen: Es ist ja alles gar nicht der Mühe wert, es ändert sich ja nichts! – Dann könnte man übrigens auch fragen: Und wofür brauchen wir ihn dann?
Ebendies hat aber auch Giscard d’Estaing ganz eindeutig festgestellt. Er sagt, es ist dies der alte Brief in einem neuen Umschlag.
Sie werden also gemeinsam ohne Volksabstimmung diesem Vertrag zustimmen. Die Lehre, die Sie aus dem ersten Scheitern gezogen haben, war nicht die, zu fragen: Wie kommen wir in demokratischer Weise dazu, dass wir eine Mehrheit der Bürger hinter unsere Ziele versammeln?, sondern die Lehre, die Sie daraus gezogen haben, war – eigentlich einigermaßen suspekt, könnte man vom demokratischen Standpunkt aus sagen –, Sie haben sich vorgenommen: Wir müssen dringend Volksabstimmungen vermeiden!
Und Sie tun das, obwohl Verfassungsrechtler Ihnen sagen, dass es eine so bedeutende Änderung ist, dass eine Volksabstimmung notwendig ist, Sie tun es, obwohl Sie aus allen Umfragen wissen, dass eine Mehrheit der Österreicher eine Volksabstimmung möchte, und Sie tun es, obwohl Sie sehen konnten, dass viele Tausende Bürger in den letzten Tagen und Wochen demonstriert haben, weil sie ihr Recht auf eine Volksabstimmung einfordern.
Wenn Sie so überzeugt sind, dass es gut ist, dann frage ich Sie: Warum lassen Sie eine Volksabstimmung nicht zu? (Beifall beim BZÖ.)
Auch das Informationsdefizit würde sich ja in einer Debatte des Für und Wider legen. Wir könnten Argumente austauschen, jeder könnte sich ein Bild machen. (Abg. Dr. Mitterlehner: Aber Sie haben keine Argumente!) – Doch, ich werde Ihnen gleich ein Argu-
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