Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung, 9. April 2008 / Seite 125

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ment liefern. Das, was hier abgeliefert worden ist, waren teilweise ganz und gar keine Argumente.

Es ist auch ganz klar. Herr Klubobmann Schüssel hat gefragt: Warum eigentlich eine Volksabstimmung? Die Ratifizierung durch die gewählten Vertreter ist gleich viel wert. Wenn man von der Wertigkeit redet, dann ist, meine ich, ein Votum des gesamten Staatsvolkes schon um einiges höherwertiger. Ich glaube, das muss man so sehen. Eine Volksabstimmung – man könnte ihn ja darüber aufklären – ist ein Mittel der direk­ten Demokratie. Er scheint davon nicht viel zu halten. Demokratie ist ein heilsames Mit­tel, um sicherzustellen, dass sich die gewählten Vertreter nicht immer weiter vom Volk entfernen und die Kluft zwischen den Regierten und den Regierenden nicht so groß wird, wie sie mittlerweile bedauerlicherweise ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Diese Kluft ist so groß, wie sie noch nie in der Zweiten Republik war. Es ist Ihnen zu raten, dass Sie sich auf das Wesen der Demokratie besinnen, wo es für die eigenen politischen Ziele unerlässlich ist, eine Mehrheit zusammenzubringen. Weniger geht nicht. Sie wollen sich dieser Mühe nicht mehr unterziehen. Sie stehen auf dem unge­heuer arroganten Standpunkt: Wir wissen, was gut ist, wir wissen, wo es langgeht. Wer nicht mitzieht, ist entweder zu dumm, versteht es nicht – das hat man von Frau Kom­missarin Ferrero-Waldner und Frau Außenministerin Plassnik gehört: die Leute verste­hen das nicht –, oder es wird denjenigen gleich eine schlechte Gesinnung unterstellt. Das weisen wir aufs Schärfste zurück (Beifall bei der FPÖ) und sagen Ihnen auch:
Es ist keine gute demokratische Art, dem Gegner nicht zuzugeben, dass er Argumente hat, sondern ihm schlechte Gesinnung oder Dummheit zu unterstellen.

Herr Klubobmann Cap war noch geradezu gnädig mit uns. Er hat von Ängsten gespro­chen, die manche haben, und hat gesagt, man müsse Ängste beseitigen, die wir schü­ren oder vielleicht auch selber haben. Nur sind es nicht Ängste. Wie gering schätzen Sie den Bürger? Der Bürger hat einen politischen Willen, kann sich ein Bild machen und kommt zu einem Schluss. Wenn Sie das nicht voraussetzen, dann stellen Sie die Demokratie in Frage. Ist Ihnen das bewusst? (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es gibt übrigens gute Argumente für eine Volksabstimmung. Ich probiere es mit einem aus. Artikel 1 unserer Verfassung heißt – jetzt noch –: „Österreich ist eine demokrati­sche Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus.“ Dagegen gibt es den Vorrang des EU-Rechts, wie Sie wissen. Der Vorrang des EU-Rechts und der Satz, dass das Recht vom Volk ausgeht – das ist ein Widerspruch, den kein noch so gefinkelter Redner je wird wegreden können. Jetzt sehen wir auch, wer täuscht und wer nicht mit wahren Ar­gumenten hantiert. Dieser EU-Vorrang, der im Widerspruch zum Artikel 1, einem Bau­stein der Verfassung, steht, war ein ganz entscheidendes Argument für all jene, die sa­gen, dass es eine Volksabstimmung geben muss.

Was lesen wir auf der Homepage des Außenministeriums? Da lesen wir: „Im Vorfeld der Ratifizierung des Verfassungsvertrags 2005 wurde in Österreich von einigen weni­gen Rechtsexperten die Meinung vertreten, eine Volksabstimmung könnte wegen der Vertragsbestimmung, wonach EU-Recht nationalem Recht vorgeht, notwendig sein. Diese Bestimmung wurde im EU-Reformvertrag gestrichen. Damit ist auch dieses Ar­gument für eine Volksabstimmung weggefallen.“

Das ist der berühmte Vertrag, den wir sehr genau studiert haben. (Die Rednerin hält den Vertrag von Lissabon in die Höhe.) Was steht da unter „17. Erklärung zum Vor­rang“? – „Die Konferenz weist darauf hin, dass die Verträge und das von der Union auf


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