Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung, 9. April 2008 / Seite 139

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geschrieben, dass die Union in diesem Bereich die Tätigkeit der Mitgliedstaaten ledig­lich unterstützt und ergänzt. Das darin zum Ausdruck kommende Subsidiaritätsprinzip ist ein Garant dafür, dass die Union kein zentralisierter, übermächtiger Superstaat wer­den kann.

Im Zusammenhang mit den Kollektivverträgen möchte ich noch auf folgenden Punkt hinweisen: Herzstück unserer Kollektivverträge ist die Festlegung der Mindestentgelte. Und das Arbeitsentgelt ist ausdrücklich von der Kompetenz der Europäischen Union ausgenommen. – Sie sehen also, diesbezügliche Ängste sind völlig unbegründet. (Bei­fall bei der ÖVP sowie des Abg. Prähauser.)

Auch der mir von einer EU-Gegnerin per E-Mail mitgeteilte Vorwurf, durch den Vertrag von Lissabon werde das in Österreich geltende Recht auf Arbeit aufgegeben, ist völlig falsch. Das österreichische Verfassungsrecht kennt nämlich gar keine sozialen Grund­rechte, es enthält daher auch kein Recht auf Arbeit. Ein Recht, das es bei uns nicht gibt, kann aber auch nicht aufgehoben werden.

Anders als das österreichische Verfassungsrecht enthält aber die europäische Grund­rechtecharta sehr wohl soziale Grundrechte, wie zum Beispiel das Recht auf Kollektiv­verhandlungen und Kollektivmaßnahmen. Das ist ein weiterer Beleg dafür, dass künftig Kollektivverträge stärker geschützt und nicht abgeschafft werden! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Zu Herrn Klubobmann Strache, der jetzt leider nicht anwesend ist, möchte ich noch Folgendes anmerken: Er hat hier behauptet, dass durch den Vertrag von Lissabon die Todesstrafe eingeführt wird. – Ich kann Herrn Klubobmann Strache nur raten, sich ein­mal die Grundrechtecharta durchzulesen, in der Charta ist nämlich ausdrücklich festge­schrieben, dass niemand zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden darf. Und wenn er hier die Einführung der Todesstrafe auf die Europäische Menschenrechtskon­vention stützt, so muss man seriöserweise auch darauf hinweisen, dass es zur Euro­päischen Menschenrechtskonvention das Protokoll Nr. 13 gibt. Dieses Protokoll han­delt von der vollständigen Abschaffung der Todesstrafe. Also bitte, diesbezüglich wer­den von ihm nur Ängste geschürt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herrn Klubobmann Strache ist aber nicht nur vorzuwerfen, dass er die Grundrechte­charta und dieses Protokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention nicht gele­sen hat, ihm ist auch vorzuwerfen, dass er Professor Mazal falsch zitiert hat. Professor Mazal hat nämlich nie gesagt, dass im Sozialrecht zwischen Inländern und Ausländern differenziert werden darf. Das europäische Sozialmodell zielt gerade darauf ab, solche Differenzierungen zu vermeiden. Diese Auffassung wird auch von Professor Mazal ver­treten.

Sie sehen also, es wird leider von den Gegnern des Vertrages von Lissabon eine un­seriöse Diskussion geführt, und das finde ich schade, schade für Europa. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.07


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. 7 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


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