Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung, 9. April 2008 / Seite 140

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14.07.08

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Damen und Herren auf der Galerie und auch vor den Fern­sehschirmen! Werte Abgeordnetenkolleginnen und -kollegen! Lassen Sie mich mit einer Replik auf die freiheitliche Abgeordnete Rosenkranz beginnen, die hier lang und breit den deutschen Verfassungsrechtler Schachtschneider zitiert hat, der als einziger der Experten, die wir im Verfassungsausschuss gehört haben, gemeint hat, die Verfas­sung würde gesamtgeändert.

Ich finde es schon sehr bezeichnend, dass die selbsternannten Österreich-Patrioten und -Patriotinnen der Freiheitlichen Partei unbedingt einen deutschen Verfassungsex­perten heranziehen, während im Verfassungsausschuss Griller und Holoubek sowie auch Öhlinger die Meinung vertreten haben – und das sind österreichische Experten –, dass dieser Text keine Gesamtänderung der Verfassung darstellt. (Beifall bei den Grü­nen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn Sie schon so österreichpatriotisch tun, dann sollten Sie das konsequent machen und nicht nur, wenn es Ihnen gerade passt und die Schals gerade passen.

Wir Grüne treten für diese Ratifizierung ein, denn wir wollen Europa zum Besseren ver­ändern. Das hat schon mein Kollege Öllinger in der Früh gesagt: Grüne wollten noch nie, dass alles beim Alten bleibt und wir uns sozusagen auf irgendwelchen früher er­reichten Lorbeeren ausruhen. Wir wollen, dass dieses Europa ein besseres wird, wir wollen streiten um dieses Europa, und das geht nur mit diesem neuen Vertrag.

Bisher ist es nämlich so, dass die nationalen Regierungen, also die, die hinter mir auf der Regierungsbank sitzen, in Österreich dazu da sind, Gesetze umzusetzen, die der Nationalrat beschließt, auf der europäischen Ebene aber die Gesetze machen. Das Europaparlament wird jetzt erstmals in breiter Form die Möglichkeit haben, selbst initia­tiv zu werden. Und da sagen die Freiheitlichen, das BZÖ und auch viele der Gegner und Gegnerinnen, die in den letzten Tagen auf die Straße gegangen sind, dass das keine Demokratisierung, dass das nicht besser ist? Es ist nicht besser, wenn Regierun­gen wie diese nicht mehr nach Brüssel fahren, zustimmen und nachher, wenn sie wie­der zurück sind, sagen können: Das haben wir alles nicht gemacht, die dort sind schuld!? – Das wird mit diesem Vertrag besser, meine Damen und Herren. Und das ist mit einer der Gründe, warum wir zustimmen werden.

Es gibt aber mehrere Fortschritte. Der eine ist eben, dass die Macht der nationalen Re­gierungen in der EU beschränkt wird. Wer sollte da dagegen sein? Das frage ich mich wirklich.

Weiters: Parlamente werden gestärkt, BürgerInnen haben mehr Chancen, ein eigenes Volksbegehren zu machen, die Grundrechtecharta, das soziale Europa, öffentliche Dienstleistungen bleiben auf nationaler Entscheidungsebene. – Das all jenen, die be­fürchten, dass es eine völlige Neoliberalisierung der Europäischen Union gibt. Das stimmt nicht! (Zwischenruf des Abg. Lutz Weinzinger.)

Ich kann viele der Ängste, die Menschen in Zeiten von Globalisierung, in Zeiten von Abbau von sozialer Sicherheit haben, verstehen, aber das Schüren von Ängsten kann ich nicht verstehen. (Abg. Lutz Weinzinger: Es schürt niemand Ängste! Die Menschen wollen darüber abstimmen, das ist es!) Zum Schüren von Ängsten mit Falschmeldun­gen, mit absurden Behauptungen, dazu gibt es ein ganz klares Nein, meine Damen


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