Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung, 9. April 2008 / Seite 143

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Wie ungerecht die Entwicklung tatsächlich ist, habe ich ja in einer der vielen Anfrage­beantwortungen – hier zum Beispiel eine von Herrn Wirtschaftsminister Bartenstein – bestätigt bekommen, nämlich die Wanderarbeitnehmerverordnung betreffend. Ich habe diesen Sachverhalt, der eine Tiroler Situation betrifft, schon mehrmals geschildert. Das ist so unglaublich, dass mir die Bevölkerung das gar nicht glauben will.

Es ist Folgendes passiert: Ein Brite ist nach Tirol übersiedelt und wurde in einem Gast­haus einen einzigen Tag angemeldet. Er hat vorher in England gearbeitet, hat vorher in das englische Sozialsystem eingezahlt und im englischen Sozialsystem auch seine Versicherungszeiten erworben. Er übersiedelt nach Tirol, wird einen Tag in einem Tiro­ler Betrieb angemeldet, am nächsten Tag also abgemeldet und bekommt, obwohl er in unser österreichisches System nur einen einzigen Tag eingezahlt hat, sechs Monate Arbeitslosengeld und danach sämtliche Hilfen des Notstandes. Und wer bezahlt das? – Der österreichische Staat! Unsere Arbeitslosenversicherung!

Dass dieses System, geschätzte Damen und Herren, Herr Bundeskanzler, nicht funk­tionieren kann, liegt doch auf der Hand. Wir als Land mit 8 Millionen Einwohnern kön­nen doch nicht für 500 Millionen Europäer solche Absurditäten à la longue finanzieren. Diese Wanderarbeitnehmerverordnung stellt einen Anschlag auf die sozialen Töpfe dar und bringt damit die Unfinanzierbarkeit unserer sozialen Einrichtungen auf den Punkt.

In dieser Anfragebeantwortung steht das drinnen, was vorhin die Vorrednerin der Grü­nen Partei und ÖVP- und SPÖ-Vorredner schon mehrmals festgestellt haben: Es gibt keine nationalen Rechte mehr, die nicht auch für EU-Bürger gelten.

Das heißt sinngemäß – und das steht in dieser Anfragebeantwortung schwarz auf weiß drinnen –, alle Rechte, die ein österreichischer Staatsbürger hat, gelten automatisch, ohne Einschränkung, für EU-Bürger, eben mit dieser absurden Konsequenz, dass wir über unsere Sozialversicherung, über unsere Arbeitslosenversicherung, für eine Per­son, die einen einzigen Tag in unser System eingezahlt hat, die Arbeitslosigkeit ein hal­bes Jahr finanzieren müssen.

Das ist genau der Grund, wieso unsere sozialen Systeme auseinanderbrechen, und das ist genau der Grund, wieso die Krankenkassen à la longue nicht mehr finanzierbar sind: Weil ein unglaublicher Missbrauch und Betrug auch mit den e-cards passiert und unsere Krankenkassen nicht mehr in der Lage sind, das zu finanzieren.

Geschätzte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler und sehr geehrter Herr Vizekanzler! Nehmen Sie den Begriff österreichischer Staatsbürger wieder in Ihr Vokabular auf – und nehmen Sie zur Kenntnis, dass Sonderleistungen des Sozial­staates, wie Kindergeld, Familienbeihilfe und Sonderleistungen des Sozialstaates auch über die Krankenkassen natürlich nur für österreichische Staatsbürger finanzierbar sind!

Wenn Sie, wie jetzt immer wieder, von diesem Prinzip abweichen, wird es einen Sozial­ausgleich in Europa geben mit der Konsequenz, dass unsere Bürger immer mehr be­zahlen und immer weniger bekommen und die europäischen Bürger natürlich unterm Strich mehr bekommen. Denn: Wenn es jemanden gibt, der mehr bekommt, muss es auch jemanden geben, der weniger hat. Es soll aber aus freiheitlicher Sicht nicht so sein, dass der österreichische Staatsbürger die Zeche für diese schlechte Politik be­zahlt. Deswegen schreiben Sie bitte in Ihr Stammbuch wieder den Begriff „österreichi­scher Staatsbürger“ hinein und schauen Sie auf unser Volk! (Beifall bei der FPÖ.)

14.22

 


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