Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung, 9. April 2008 / Seite 174

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Manche Ressentiments und Vorurteile, die, etwa im Zuge der Volksabstimmungskam­pagne, gegen Europa geschürt wurden, kommen – leider, sage ich – auch unter dem Deckmantel des Patriotismus daher. Heute sehen wir das ja auch an diesen Slogans. „Wir Patrioten gegen die EU-Chaoten“, prangt es in Kärnten auf allen Plakaten, höre ich, und leider heute auch hier in diesem Saal auf vielen Tafeln. Aber in Wahrheit ist das ein unsäglicher, ein antieuropäischer, aber auch ein unpatriotischer Slogan, meine Damen und Herren, denn er steht ganz im Widerspruch zu den Interessen Österreichs: Österreich will sich als ein weltoffenes Land präsentieren, das auch viele Besucher und Urlauber hier beherbergen und beheimaten will, gerade auch im Hinblick auf die kom­mende Fußball-Europameisterschaft.

Ich halte fest: Gerade ein selbstbewusstes Österreich kann mit Überzeugung erklären, warum es patriotisch und zukunftsorientiert ist, österreichisch und europäisch zu den­ken, und warum es unpatriotisch und rückwärtsgewandt ist, die Europäische Union als chaotisch zu denunzieren und Österreich in eine quasiegoistische Selbstbezogenheit und in einen antiquierten und falschen Chauvinismus zurückzuführen, meine Damen und Herren. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Helmut Kohl, der große europäische Staatsmann, hat recht: Die jüngere europäische Geschichte hat gezeigt, dass die wahren Realisten die Idealisten in Europa sind, jene, die nach dem Krieg und den jahrhundertelangen Erbfeindschaften und bei noch so tris­ten Umständen, wie etwa dem Kalten Krieg und der Ost-West-Konfrontation, die Idee Europa nie aufgegeben haben, an eine Einigung Europas geglaubt haben und im ent­scheidenden Moment immer das Richtige und das Notwendige gemacht haben.

Mit der Ratifizierung dieses Reformvertrags ist einer dieser wichtigen Momente für Europa gekommen, und Österreich wäre schlecht beraten, würde es diesem Vertrag nicht zustimmen, denn in vielen Bereichen brauchen wir in Zukunft nicht weniger, son­dern mehr Europa, um die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger zu Wort. Gewünschte Redezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


15.50.01

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Was die Kritiker und Kritikerinnen dieses Vertra­ges in den letzten Wochen mit ihren diversen Protestaktionen, glaube ich, unzweifel­haft einmal mehr deutlich gemacht haben, ist, dass die EU unter einem Glaubwürdig­keitsproblem leidet, an dem – Fußnote – im Übrigen unsere österreichische Bundesre­gierung immer wieder aktiv mitwirkt. Die Vorwürfe, die erhoben werden, stehen oft in einem direkten Widerspruch zu dem, was aufseiten der EU-Befürworter propagiert wird:

Die EU und ihre Befürworter und Befürworterinnen behaupten, die Subsidiarität wäre ein ganz wichtiges Herangehen. – Die Kritiker sagen, die EU agiert völlig abgehoben.

Seitens der EU-Befürworter heißt es, es ist ein Projekt des Friedens, ein wirklich wichti­ges Friedensprojekt für die Zukunft. – Die Kritik fokussiert sich auf die Militarisierung.

 


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