Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung, 9. April 2008 / Seite 175

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Als Befürworter fordern wir das soziale Europa noch stärker ein. – Die Kritiker geißeln die profitgesteuerte Entwicklung Europas. Und so weiter.

Ich denke, das, was wir daran ernst nehmen müssen, sind nicht manche der mehr als haarsträubenden Argumente, die kommen, aber dieses Glaubwürdigkeitsproblem, un­ter dem die EU immer wieder leidet und das wir gemeinsam angehen sollten, wenn dieser Reformvertrag eine Chance haben soll, mehr Menschen zu Europa hinzuführen und das umzusetzen. (Beifall bei den Grünen.)

Damit komme ich zu einem ganz aktuellen Beispiel, wie so etwas ausschauen könnte. Wir haben in diesem Lissabonner Vertrag, und zwar in Artikel 1 lit. a, das grundsätzli­che Bekenntnis zu den unverletzlichen und unveräußerlichen Rechten von Menschen; also eine der Grundfesten der EU ist das Menschenrechtsbekenntnis. Wir haben im selben Vertrag in Artikel 9a das klare Bekenntnis zu einer gemeinsamen Außenpolitik, von der ich ja wohl annehme, dass sie sich auch auf die Grundwerte der EU stützt, das heißt zum Beispiel aktiv für Menschenrechte eintritt.

Das sind zwei wichtige Säulen im Reformvertrag. Und ich glaube, dass wir jetzt nicht einfach Business as usual betreiben können. Wir können nicht in genau den Zeiten, wo in allen Staaten Europas der Reformvertrag diskutiert wird, kritisch auf den Prüfstand gerufen wird, sagen: Derweil gilt er noch nicht, derweil machen wir Business as usual!

Es steht der halbjährliche Menschenrechtsdialog der EU mit China im Mai bevor. Busi­ness as usual ist aus zwei Gründen dort einfach nicht möglich, glauben wir: Erstens, weil wir nicht auf der einen Seite eine gemeinsame Außenpolitik propagieren können und sie dann bei der nächstmöglichen Gelegenheit nicht einmal versuchen, sondern alle eben ihre Vertreter hin entsenden, und das war es. Die EU ist gefordert, gerade auch in einem schwierigen Thema gemeinsame Außenpolitik zu formulieren und zu vertreten.

Das Zweite, warum Business as usual absolut undenkbar ist: Die Situation ist alles an­dere als Business as usual. Wir haben inzwischen tagtäglich Proteste gegen die olym­pische Fackel-Rallye quer durch Europa und Amerika. Es sind in den letzten Wochen haarsträubende Szenen in Tibet bekannt geworden, wo es zu Gewalt und Ausschrei­tungen sogar auf beiden Seiten gekommen ist, die dringend untersuchungsbedürftig sind. Amnesty International ruft inzwischen zu dringendsten Aktionen auf, weil befürch­tet wird, dass Inhaftierte im Zuge der tibetischen Proteste Folteropfer in den Gefängnis­sen werden, die Situation alles andere als menschenrechtskonform ist. Ausländische Journalistinnen und Journalisten haben weiterhin keinen Zugang zum gesamten tibeti­schen Territorium. Und das alles im Vorfeld der Olympischen Spiele, die als Motto aus­gerechnet „Celebrate Humanity“ haben.

Und die EU? Soll die EU schweigen in so einer Situation? Wollen Sie das? Oder ist nicht sehr wohl das Reformvorhaben der EU mit einer gemeinsamen Außenpolitik, die den Menschenrechten verpflichtet ist, gefordert?

Daher bringe ich folgenden Antrag ein – ich habe Ihnen die Begründung schon ge­bracht und möchte daher nur den Antragstext selbst verlesen –:

 


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