Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung, 9. April 2008 / Seite 194

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Ich denke auch an die Kollegin Grossmann, die vor Kurzem festgestellt hat – auch wie­der ein Zitat –: Weil es unmöglich ist, den gesamten Vertragsbestand als juristischer und politischer Laie zu erfassen, wäre Manipulationsversuchen Tür und Tor geöffnet. – Auch ein bezeichnendes Beispiel dafür, wie man Demokratie sehen kann.

Jetzt die Frage: Ist es nicht auch eine Möglichkeit, den Vertrag anders zu gestalten, ihn offener zu gestalten, lesbarer, verständlicher, sodass auch der einfache österreichi­sche Bürger verstehen kann, was da passiert? Oder wurde der Vertrag bewusst kom­pliziert gestaltet, um die Bürger und die Politiker davon abzuhalten, überhaupt etwas zu lesen oder etwas zu verstehen? Oder wurde der Vertrag auch deswegen so kompliziert geschrieben, um darin irgendwelche negativen Auswirkungen zu verstecken? Kann ja alles sein!

Faktum ist – das wissen Sie, werte Kollegen von ÖVP, SPÖ und den Grünen –: Wenn wir diesen Vertrag zur Abstimmung bringen würden, dann würde er von der Bevölke­rung negativ beschieden werden. Und das ist der Punkt, warum Sie es verweigern, of­fen darüber zu reden, was dahintersteckt.

Faktum ist, dass hier mit Scheibchen-Politik gearbeitet wird. Wenn wir die Visionen der Jungen Industrie ansehen, dann wissen wir, wohin das führen soll. Ich habe hier eine interessante Broschüre, die auch Sie bekommen haben. Ich habe sie studiert. Da drin­nen steht unter anderem, dass auf europäischer Ebene Englisch die einzige Amtsspra­che werden soll. – Das heißt, Abschaffung von Deutsch in der EU. Ist das etwas, was wir seitens der österreichischen Politik wirklich vertreten wollen, 100 Millionen Men­schen mit deutscher Muttersprache einfach zu negieren? Wollen wir den kulturellen Einheitsbrei schaffen, indem wir diese Visionen zulassen?

Weiters heißt es: Schaffung eines Europaheers, Schaffung einer Europaverfassung, Schaffung einer europäischen Fiskalpolitik. – Das sind klar die Visionen der ÖVP und der Industriellenvereinigung. Und das wollen wir sicher nicht! Wir wollen keinen Zentra­lismus, wir wollen keinen Imperialismus.

Ein weiterer Punkt: Nationalstaaten verlieren an Bedeutung. – Aushöhlung der Natio­nalstaaten, man braucht sie nicht mehr. Es kommt zur weitgehenden Abgabe von Kompetenzen der einzelnen Mitgliedstaaten an die EU.

Die Sachen liegen auf dem Tisch. Wir haben jetzt eine Politik zu erleben, die verdeckt, was wirklich geplant ist. Und wir wissen ganz genau, wohin das gehen soll: Zerschla­gung der bestehenden Strukturen und Neuaufbau der Strukturen mit einem Europa der Regionen; unter anderem auch – als Kärntner bin ich davon auch betroffen – Auflö­sung der Nationalstaaten und Schaffung von neuen Regionen. In Kärnten soll das ge­schehen im Zusammenschluss mit Slowenien und Friaul-Julisch-Venetien, Hauptstadt vielleicht Triest oder Laibach. Ist alles schon vorbereitet. Das ist natürlich genau der Punkt, wo die Bürger nervös werden, wo sie vorsichtig werden. Und die Kärntner sind auch feinfühlig, was diese Dinge anbelangt. Nicht umsonst: Zweimal wollte man Kärn­ten ja schon aus dem Verband Österreichs heraustrennen.

Wir sprechen hier von einer Diktatur der Konzerne. Wir wissen, was los ist, wir wissen, dass Menschen ausgebeutet und ausgequetscht werden wie Zitronen, dass nicht die Menschen im Mittelpunkt der Politik stehen, sondern die Profitmaximierung. Löhne werden gekürzt, der Leistungsdruck erhöht und so weiter und so fort. Angesichts dieser Tatsachen, von „sozialer Union“ zu sprechen, das ist wirklich eine Verhöhnung der Tat­sachen.

 


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