Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll58. Sitzung / Seite 71

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Allmachtsphantasien, meistens männlichen Allmachtsphantasien gegenüber Frauen, gegenüber Kindern, auch gegenüber anderen, schwächeren Männern. – Das ist auch der Grund, warum viele von uns heute dieses Symbol des White Ribbon tragen, das Symbol des Verzichts von Gewalt von Männern an anderen.

Wir müssen sehen, dass 90 Prozent dieser Gewalt von Männern ausgeübt wird, und da hat es keinen Sinn wegzuschauen, denn ein großer Teil wird in der Familie ausgeübt, vom eigenen Vater, mehr noch von Stiefvätern, von Freunden, von Ver­wandten in der Familie. Und das ist nicht das Ende oder Infragestellen der Familie an sich – wirklich nicht! –, sondern wir müssen die Familie stärken. Wir müssen vor allem die Frauen und die Schwachen so ermutigen, dass sie sich wehren.

Es gibt ja Frauenhäuser, es gibt die „Möwe“ unter Martina Fasslabend, die sich um missbrauchte Kinder kümmert. Es gibt Kinderschutzzentren, es gibt Familienberatungs­stellen, die Hilfe anbieten. Was aber zu wenig existiert, ist die Hilfe für Männer mit Problemen.

In Berlin zum Beispiel gab es einen Versuch an der Charité, eine Plakat-Aktion „Lieben Sie Kinder mehr, als Ihnen lieb ist?“, und es kamen Hunderte Reaktionen von Männern, die hier praktisch um Hilfe ersucht haben. Das sollten auch wir machen. (Präsident Dr. Spindelegger gibt das Glockenzeichen.)

Oder die Idee von Hannes Missethon, der für jugendliche Straftäter Trainingscamps als sinnvoll erachtet.

Wir sollten über diese Fragen, Inzest, Missbrauch in der eigenen Familie, sehr, sehr offen reden. Hinschauen statt wegschauen ist ein gutes Motto.

Und was die Medien angeht: Ich rege an – ich habe jetzt keine Redezeit mehr –, dass wir noch vor dem Sommer eine gemeinsame Parlaments-Enquete zum Thema „Medienrecht und Opferschutz“ machen, denn das, was hier passiert ist, kann nicht hingenommen werden, meine Damen und Herren! (Allgemeiner Beifall.)

11.09


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Klubobmann Dr. Van der Bellen. – Bitte.

 


11.10.19

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts der Monströsität dieses Verbrechens ist es natürlich not­wendig – nicht nur legitim, sondern notwendig –, über die verschiedensten Maßnah­men nachzudenken – im Strafrecht und vor allem in der Prävention, in der Vor­beugung, sofern das überhaupt möglich ist. Zu den Maßnahmen im Strafrecht wird mein Kollege Albert Steinhauser noch ausführlich Stellung nehmen.

Wir glauben auch, dass es in bestimmten Punkten zu Reformen kommen muss, namentlich etwa bei den Verjährungsfristen. Sie haben es angeschnitten, Herr Dr. Schüssel: Zehn Jahre – viele Opfer kommen aber erst sehr viel später mit der Geschichte heraus, und zwar aus begreiflichen Gründen, und es ist mehr als unbefriedigend, dass in solchen Fällen nach den derzeitigen Gesetzen dann die Tat als verjährt gilt.

Ebenso unbefriedigend ist bei den Adoptionsverfahren im Falle des Herrn F. – ich vermeide die Begriffe „Fall Amstetten“, „Fall Österreich“; es ist das monströse Ver­brechen des Herrn F. –, dass bei diesen Adoptionsverfahren das Gericht offenbar gar nicht wissen konnte, welche Vorstrafen vorlagen – wobei ich im Moment davon ausgehe, dass es richtig ist, was berichtet wurde, dass solche einschlägigen Vor­strafen vorlagen.

 


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