Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll58. Sitzung / Seite 130

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Ich möchte den Fall F. auch heranziehen, um eines zu beweisen: Hier kam es dazu, dass eine Informationskette abgerissen ist. Dadurch, dass ein Datensatz über Herrn F. aufgrund einer zeitgeistigen und falschen liberalen Strafrechtspolitik gelöscht wurde, hat man 15 Jahre später an einem anderen Ort nichts von dieser Perversität und dieser Abnormalität von F. gewusst. Und das bedrückt mich sehr. Hätte man diesen Daten­satz gehabt, so bin ich überzeugt davon, dass die Behörden zumindest einen Hinweis darauf gehabt hätten, dass hier etwas nicht in Ordnung sein kann, und man hätte ein Martyrium verhindern oder entsprechend verkürzen können. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Daher bitte ich Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, künftig Diskussionen um polizeiliche und justizielle Arbeit immer mit dem Fall F. im Hinterkopf und im Herzen zu führen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.59


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. Auch 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.59.36

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Zuerst einmal zu meinem Vorredner. Ich glaube, das haben einige von unserer Seite, aber auch andere heute schon gesagt: Lücken­lose Überwachung löst solche Probleme nicht. In Teilen können manche Verbesserun­gen dazu beitragen, aber das ursächliche Problem wird damit nicht gelöst, und patriarchale Gewalt wird durch lückelose Überwachung auch nicht gelöst. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Vorrednerin von den Grünen hat Herrn Minister Platter zitiert mit der Aussage, es sei nicht vorstellbar, dass Familienväter solche Verbrechen begehen. Ich denke, wir müssen zu der Feststellung kommen: Es ist vorstellbar, und wir wissen, dass Familien­väter solche Verbrechen begehen – und auch viele andere. Und von diesem Bekennt­nis aus ist es dann auch möglich, weitere Schritte zu setzen. Es ist vorstellbar, und wir wissen, dass es passiert. Das zu sehen und anzuerkennen ist notwendig, auch wenn es weh tut.

Kollegin Kuntzl hat in ihrem Beitrag gesagt, dass es vor ein paar Jahrzehnten noch nicht üblich war anzuerkennen, dass Gewalt, Männergewalt, gerade auch in Familien stattfindet. Es ist spätestens seit der neuen Frauenbewegung, seit der feministischen Bewegung in den siebziger Jahren klar, dass das passiert, dass das Private auch politisch ist. (Abg. Dipl.-Ing. Klement: Was ist mit Frauengewalt?) So haben die Frau Justizministerin und ich gemeinsam Ende der siebziger/Anfang der achtziger Jahre in Innsbruck beim Aufbau des dortigen Frauenhauses mitgewirkt und selbst erlebt und die Erfahrung gemacht, was es bedeutet, wenn diese Art von patriarchaler Männergewalt nicht beachtet, nicht gesehen wird, wenn weggeschaut wird, weil es so etwas wie ein Kavaliersdelikt ist.

Das heißt, diese Anerkennung von patriarchaler Gewalt auch in Familien ist ein ganz zentraler Aspekt. Auch ich stimme vielen meiner grünen VorrednerInnen zu, dass das Paket, das Sie vorlegen, Frau Ministerin, die Sensibilität, mit der Sie an das heran­gehen, sehr wohl wichtig und notwendig sind.

Ich war vor einer Woche, als dieser Fall F. auch in allen internationalen Medien bekannt wurde, auf dem Weg nach Sao Paulo zum Weltkongress der Grünen und musste dort feststellen, dass in allen Zeitungen in allen Sprachen zu lesen war: Das Monster aus Amstetten. Auch auf allen internationalen Fernsehkanälen wurde Öster­reich mit diesem Fall und auch mit dem Fall Kampusch beziehungsweise Priklopil in


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