Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll63. Sitzung, 6. und 7. Juni 2008 / Seite 149

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5. Die österreichische Öffentlichkeit wird fünf Stunden nach Beginn des Vorfalls erst­mals informiert.

6. Es erfolgte keine direkte Information der Strahlenwarnzentrale des österr. Umwelt­ministeriums durch die AKW-Leitung in Krsko. Es wurde über Umwege informiert, was zu stundenlangen Verzögerungen in der Bewertung des Vorfalls führte.

Die Strahlenwarnzentrale des österreichischen Umweltministeriums ist jene Stelle, die eine Alarmmeldung über einen Atomunfall in einem Nachbarland einschätzen und überprüfen muss, um festzustellen ob eine Gefahr für die österreichische Bevölkerung besteht und Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung eingeleitet werden müssen oder ob Entwarnung gegeben werden kann. Es ist absolut unverständlich und im höchsten Maße fahrlässig, dass vom Zeitpunkt der Entdeckung des Lecks durch die sloweni­schen AKW-Betreiber bis zur Information des österreichischen Umweltministeriums fast vier Stunden und bis zur Information der Öffentlichkeit fünf Stunden verstrichen sind.

Fünf Stunden, die im Falle eines schweren Atomunfalls mit massivem Austritt von Ra­dioaktivität fünf verlorene Stunden für die betroffene Bevölkerung in der Steiermark und in Kärnten gewesen wären. Fünf unnötig lange Stunden, die die Gesundheit und das Leben tausender ÖsterreicherInnen aufs Spiel gesetzt hätten.

Denn alleine darauf zu warten, bis bei einem wirklichen Atomunfall die österreichischen Messstationen anschlagen ist zu wenig. Ein Super-Gau kommt nicht aus dem Nichts. Zwischen dem Beginn eines schweren AKW-Störfalls und dem großflächigen Austritt von Radioaktivität können mehrere Stunden liegen. Wertvolle Stunden für die Ein­leitung von Notmaßnahmen für die Bevölkerung. Daher ist es unerlässlich, dass die AKW-Betreiber einen Störfall sofort und direkt an Österreich melden.

Es liegt in der Verantwortung des Umweltministers, mit den benachbarten AKW-Staa­ten vertragliche und verpflichtende Informationsabkommen auszuhandeln, dass im Falle von Zwischen- und Störfällen sofort und direkt informiert werden muss. Ziel muss dabei eine umgehende und direkte Information der AKW-Betreiber an die Strahlen­warnzentrale des österreichischen Umweltministeriums sein, wie das derzeit einzig und allein beim tschechischen Atomkraftwerk Temelin der Fall ist. Nur so kann sicherge­stellt werden, dass keine wertvolle Zeit für den Schutz der Bevölkerung verloren geht.

Bei den sechs grenznahen und unsicheren Atomkraftwerken Paks (Ungarn), Mo­chovce, Bohunice (Slowakei), Dukovany (Tschechien), Isar 1 (Deutschland) und Krsko (Slowenien) gibt es kein Informationsabkommen, welches die AKW-Betreiber verpflich­tet, das österreichische Umweltministerium auf direktem Wege von allen Zwischen- und Störfällen zu informieren. Eine rechtzeitige Information wäre nicht garantiert. Die­ser Misstand, den der Umweltminister zu verantworten hat muss umgehend behoben werden.

Bereits vor vier Jahren kam es nach einem Störfall in einem grenznahen AKW zu einer schweren Informationspanne. Am 6.6.2004 treten in der früh aus einem Leck im Primärkreislauf des tschechischen AKW Temelin 3000 Liter hochradioaktives Wasser aus und verseuchen zwei Arbeitsräume. Der Störfall ist einer der bisher schwersten in den beiden Blöcken des AKW Temelin seit der Aufnahme des Probebetriebes im Jahr 2000. Die tschechischen Behörden informieren damals mit 24 (!) Stunden Verzö­gerung das österreichische Umweltministerium. Weitere 12 Stunden dauert es bis Um­weltminister Pröll die Öffentlichkeit informiert. Und das auch nur, weil der oberösterrei­chische Anti-Atombeauftragte mit dem Störfall an die Medien geht. Es stellt sich die Frage, ob BM Pröll aus dieser Panne nichts gelernt hat.

 


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