Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll63. Sitzung, 6. und 7. Juni 2008 / Seite 150

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Ein schwerer Atomunfall in einer dieser AKW würde die bevölkerungsreichsten Regio­nen Österreichs treffen: Wien (Mochovce, Dukovany, Bohunice, Paks), Linz (Duko­vany, Isar 1), Salzburg, Innsbruck (Isar 1), Graz, Klagenfurt (Krsko, Paks). Die AKW Paks, Mochovce, Bohunice, Dukovany und Isar 1 verfügen über keine Schutzhülle.

Neben einem schweren Unfall auf Grund technischer Gebrechen oder menschlichem Versagen ist seit den verheerenden Anschlägen auf das World Trade Center und das Pentagon am 11. September 2001 eine weitere Gefahr in den Bereich des Möglichen gerückt: ein Terroranschlag mit Flugzeugen oder Hubschraubern auf Atomanlagen. Keines der grenznahen Atomkraftwerke ist gegen solche Terrorattacken geschützt.

Atomkraftwerke sind nicht schützbar. Atomkraftwerke können niemals 100% sicher sein. Die einzige Lösung ist der Atomausstieg.

Die österreichische Sicherheitspolitik hat bisher ebenso wie die österreichische Um­weltpolitik nichts unternommen, um diese größte Sicherheitsbedrohung für die österrei­chische Bevölkerung zu beseitigen.

AKW Mochovce: Zwei neue Riskoreaktoren – Keine Gegenwehr von BM Pröll

Im slowakischen Mochovce sollen nach den Vorstellungen der slowakischen Regie­rung und des italienischen Stromkonzerns Enel – Mehrheitseigentümer des dominan­ten slowakischen Stromversorgungsunternehmens SE a.s. – zwei weitere Reaktorblö­cke (fertig)gebaut werden. Es handelt sich um völlig veraltete Reaktoren des sowjeti­schen Typs WWER 440/213 mit dem technologischen Stand der 1970er Jahre. Die Reaktoren verfügen über keine druckfeste Schutzhülle (Containment), wie bei westli­chen Druckwasserreaktoren üblich.

Das fehlende Containment erhöht die Wahrscheinlichkeit von großen Freisetzungen bei schweren Unfällen dramatisch. Der Schutz vor äußeren Auswirkungen, wie etwa einem Flugzeugabsturz, ist im Vergleich mit modernen Druckwasserreaktoren in den EU-Ländern stark vermindert. Um die Diskussion um den völlig unzureichenden Si­cherheitsstandard der Mochovce-Reaktoren zu umgehen, sollen die Reaktoren auf der Grundlage einer Baugenehmigung aus dem Jahre 1986 – also aus der Zeit des kom­munistischen Regimes in der Tschechoslowakei – errichtet werden. Da es zum damali­gen Zeitpunkt keine UVP-Pflicht gab, soll auch die EU-UVP-Richtlinie umgangen wer­den.

Die Errichtung der Blöcke 3 und 4 im slowakischen Mochovce droht aus den oben ge­nannten Gründen zu einem gefährlichen Präzedenzfall für die gesamte EU zu werden. Sicherheitstechnische und demokratiepolitische Standards der EU sollen unter Ausnut­zung von aus der Zeit eines autoritären Regimes stammenden Genehmigungen ausge­hebelt werden.

Die EU-Kommission bereitet auf der Grundlage des Euratom-Vetrages derzeit eine Stellungnahme zum Projekt Mochovce 3 und 4 vor. Von NGO´s aus Österreich und mehreren EU-Ländern wurde die EU-Kommission auf die missbräuchliche Verwendung der alten Baugenehmigung sowie das unzureichende Sicherheitsniveau der in Mo­chovce geplanten Reaktoren hingewiesen. Tausende Bürger haben bereits gegen das Projekt schriftlich protestiert. In sechs österreichischen Bundesländern wurde partei­übergreifend eine Mochovce-Resolution beschlossen, welche die Bundesregierung zu entschlossenen Schritten gegen das Projekt Mochovce auffordert.

BM Pröll und die Bundesregierung sind dieser Aufforderung bis heute nicht nachge­kommen und sehen tatenlos zu wie das Atomrisiko an Österreichs Grenze weiter steigt.

 


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