Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll63. Sitzung, 6. und 7. Juni 2008 / Seite 191

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dere als ausreichend, auch nicht das vielgerühmte Melker Abkommen, aber immerhin, das gibt es wenigstens –, auf Punkt und Beistrich erfüllt werden.

Dieser gesamte Vorfall muss lückenlos aufgeklärt werden. Da sind – das liegt auf der Hand – Versäumnisse zu verantworten oder vielleicht sogar bewusste Vertuschungen. Aus diesem Fall muss man lernen, und deshalb haben Transparenz und Aufklärung höchste Priorität. Es gibt unter den EU-Mitgliedstaaten das Frühwarnsystem ECURIE, und nun ist auch seitens der Kommission zu prüfen, ob dieses erfüllt wurde.

Auf keinen Fall dürfen diese Vorfälle verharmlost oder gar als Panikmache hingestellt werden. Es ist zu evaluieren, ob dieses System verbesserungsbedürftig ist, und vor al­lem müssen Meldeverfehlungen auch Konsequenzen haben. Da muss man auch über Sanktionen reden. Und wenn jetzt über eine EU-Atomsicherheitsagentur nachgedacht wird, dann muss auch das ein integraler Bestandteil dieser Überlegungen sein.

Eine offene Frage ist natürlich auch die innerstaatliche Informationspolitik. Es ist jetzt noch nicht wirklich geklärt, warum die Landeswarnzentrale der unmittelbar angrenzen­den Steiermark erst um 19.17 Uhr von der Sache informiert wurde. (Zwischenbemer­kung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll.) Da pflichte ich meinem Vorredner Kollegen Kogler vollinhaltlich bei.

Herr Minister! Ohne Schuldzuweisungen vornehmen zu wollen: Aus diesem Fall müs­sen wir alle gemeinsam lernen. Man sollte aus diesem Fall wirklich Schlüsse ziehen, und ich frage Sie noch einmal zusammenfassend: Welche Schlüsse ziehen Sie konkret daraus? (Abg. Neubauer: Sie sind ja in der Regierung!) Ohne eine Schuldzuweisung vorzunehmen zu wollen: Wir müssen aus diesen Vorfällen lernen. Es ist ein Warn­schuss.

Wir wissen, Österreich steht mit seiner atomkritischen Haltung weltweit ziemlich alleine da. Deshalb haben wir einen besonderen Auftrag zur Bewusstseinsbildung, der auch wahrgenommen wird, auch wenn Sie das nicht anerkennen. Das ist nicht immer leicht. Natürlich kann man den Euratom-Vertrag nicht aus der Welt schaffen. (Abg. Neu­bauer: Kann man! Das ist ein Irrtum, das kann man nämlich schon!) – Nein, nein, hören Sie zu! Eine Mitgliedschaft bei der Europäischen Union und der Euratom-Vertrag sind nicht zu splitten, denn das ist ein Gründungsvertrag. (Abg. Neubauer: Ist ja nicht wahr! Sie kennen bis heute den Vertrag nicht!)

Kollege Hofer hat – seine Beweggründe sind durchaus nachvollziehbar – wenigstens den Versuch einer rationalen Erklärung unternommen, im Gegensatz zu seinen Kolle­gen von der Freiheitlichen Partei. Aber Sie sollen auch anerkennen, dass die künftige Revision des Vertrages auch bei den Verhandlungen über den Reformvertrag ein gro­ßes Thema war – ein Thema, das von Österreich sehr stark forciert worden ist. Inso­fern ist die Behauptung überhaupt grundfalsch, dass der Reformvertrag den Euratom-Vertrag aufwertet.

Dieser besteht unabhängig vom Reformvertrag und wird endlich auch als überarbei­tungsbedürftig anerkannt. Es geht darum, Sicherheitsfragen stärker zu verankern, vor allem bei den Effizienzberechnungen Kostenwahrheit herzustellen, dass die Sicher­heitskosten, die Haftung, die Risken, besonders auch die Entsorgungskosten für Brennstäbe und sonstige radioaktive Materialien realistisch bei den Effizienzberech­nungen einkalkuliert werden.

Dann kommt man sicherlich zu ganz anderen Ergebnissen als bei den herkömmlichen Berechnungen. Auf gar keinen Fall können wir uns damit abfinden, dass die Atomkraft einen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele leisten kann. Herr Minister! Allen derartigen Tendenzen ist auf europäischer Ebene entschieden zu widersprechen. (Bei­fall bei der SPÖ.)

17.09

 


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