Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll63. Sitzung, 6. und 7. Juni 2008 / Seite 223

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Schon die Pensionserhöhung 2008 hat in diesem Zusammenhang für erhebliche Aufre­gung, Unverständnis und bürokratischen Aufwand gesorgt. Insbesondere die Tatsache, dass Pensionsbeziehern, die eine Pension unterhalb des Ausgleichszulagenrichtsatzes von 747 Euro beziehen, eine prozentuell geringere Pensionserhöhung zuteil wurde, als etwa Beziehern von Pensionen zwischen 747 und 2160 Euro hat für berechtigte Empö­rung unter den Betroffenen gesorgt.

Die Pensionsanpassung 2008 sieht eine gestaffelte Erhöhung vor, die höher ausfällt, je niedriger die Pension ist. Pensionen von 747 bis 1.050 Euro erhalten einen Fixbetrag von 21 Euro - das entspricht 2,81 bis 2 Prozent. Pensionen über 1.050 bis 1.700 um 2 Prozent mehr. Pensionen über 1.700 bis 2.161,5 Euro um einen Prozentsatz, der mit zunehmender Pensionshöhe von 2 auf 1,7 Prozent absinkt. Noch höhere Pensionen bekommen einen Fixbetrag von 36,75 Euro mehr. Auch die Ausgleichszulagenricht­sätze wurden um 2,9 Prozent angehoben. Pensionen unter 747 Euro brutto erhalten aber nur um 1,7 Prozent mehr.

Aus diesem Grund hat ein Linzer Rechtsanwalt im Namen einer Bezieherin einer Kleinstpension bereits erfolgreich gegen die Benachteiligung durch die Pensionserhö­hung 2008 geklagt.

Diese Pensionistin gehört zur großen Gruppe von Personen, deren Pension um nur 1,7 Prozent erhöht wurde, weil ihre Pension unter 747 Euro lag, wobei jedoch zusam­men mit der Pension des Ehegatten der Ausgleichszulagen-Richtsatz für Paare über­schritten wird. Bei ihr ist die Pension von 628,15 auf 638,83 Euro um Sage und Schrei­be 10,68 Euro gestiegen. Mehr als 500.000 Personen mit Kleinstpensionen, die diese Pensionsanpassung nur mit 1,7 Prozent erfahren wurden hier absichtlich vergessen. Das sind immerhin mehr als ein Viertel aller Pensionsbezieher und Großteils Frauen.

Das Landesgericht Linz folgte seiner Argumentation, dass die Benachteiligung der Be­zieher von Kleinstpensionen - offenbar aus budgetären Gründen - eine EU-rechts­widrige indirekte Frauendiskriminierung darstellt. Entsprechend den statistischen Da­ten, die er dem Gericht präsentierte, werden von dieser Diskriminierung weit mehr Frauen betroffen als Männer. Von den etwa 1,1 Mio. Pensionen unter 747 Euro sind ca. 830.000 Pensionen von Frauen. Das heißt, dass knapp 65% aller Pensionen von Frauen nur mit 1,7% erhöht wurden, während 63 % aller Männerpensionen mit einem höheren Betrag erhöht wurden. Diese Tatsache ist auch jenseits der Frage, ob die Be­troffenen existenziell abgesichert sind oder nicht von Bedeutung, weil sie Fortsetzung einer unterschiedlichen Behandlung und Bewertung von Frauen in der Arbeitswelt bis in die Pension bedeutet und die Einkommensschere zwischen den Geschlechtern ver­größert.

Das Landesgericht hat nun im Urteil verkündet, dass die Klägerin seit Jahresbeginn um 21 Euro statt nur um 1,7 Prozent mehr zu erhalten habe. Dagegen legte zwar der be­klagte Sozialversicherungsträger Berufung ein – nach Einschätzung des Rechtsanwal­tes allerdings nur mit geringer Erfolgsaussicht. Als weitere Möglichkeiten nennt er die Bestätigung des Urteils durch die zweite Instanz oder die Befassung des EuGH.

Der Linzer Rechtsanwalt vertritt aber auch männliche Bezieher von Kleinstpensionen, die ebenso diskriminiert werden. Auch in diesem Fall ist ein gerichtliches Verfahren be­reits in der ersten Instanz abgeschlossen. Die Kanzlei bereitet derzeit eine Eingabe an die zweite Instanz vor mit dem Ziel, dass diese ein Gesetzprüfungsverfahren durch den Verfassungsgerichtshof einleitet. Der Jurist rechnet als Konsequenz aus den Gerichts­verfahren damit, dass der Gesetzgeber spätestens im Zuge der nächsten Pensionser­höhung die vorhergehende "repariert".

Nach einem von der FPÖ in Auftrag gegebenen Gutachten widerspricht diese Re­gelung klar dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz, der – nach ständiger


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