Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 127

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Also: Entweder bei den einen das zulassen oder es bei allen gemeinsam argumentie­ren. Und da sind wir an dem Punkt, dass nichts mehr geht. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn das Schule macht, was man hier versucht als Präzedenzfall mit einigen Tier­schützern durchzuführen, dann ist in Hinkunft jede Aktivität einer Nichtregierungsorga­nisation davon bedroht, abgedreht zu werden, wenn es jemandem politisch unbequem wird, politisch gegen den Strich geht, weil man sagt, das ist jetzt nach § 278a StGB kri­minell.

Konsumentenaktionen – geht nicht mehr; unlauterer Einfluss auf Politik und Wirtschaft. Demonstrationen gegen eine Firma – geht nicht mehr; Einflussnahme. Wenn das zum Maßstab wird, wie jetzt vorgegangen wird, kann man Greenpeace, Attack, Clean-Clo­thes-Kampagne und vermutlich die Katholische Frauenaktion zusperren und die Betref­fenden in Untersuchungshaft nehmen.

Was ich mich dabei frage, meine Damen und Herren – vielleicht kann mir das irgendje­mand beantworten –: Warum wendet die Polizei zwei Jahre lang ich weiß nicht wie vie­le Ressourcen für den vermutlich bislang größten je dagewesenen Lauschangriff auf, zum Teil rechtswidrig, nicht genehmigt, gegen Tierschützer? Haben wir wirklich so viele Polizeiressourcen zu verschwenden, während wir Menschenhändlern hinterherja­gen könnten, tatsächlich mafiöse Strukturen aufspüren könnten, Schlepperbanden dingfest machen könnten? Ausgerechnet die Tierschützer werden zwei Jahre lang von vorne bis hinten observiert, verfolgt?! Und man hat ja dabei noch nicht einmal et­was gefunden! Das ist ja die Crux an der Geschichte: Sie schaffen es nicht, den Be­schuldigten auch nur eine einzelne Straftat nachzuweisen! Und weil das der Polizei nicht gelingt, erfindet man diese kriminelle Organisation als Vorwurf. Das ist haarsträu­bend! Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, das ist ein veritabler Justizskandal, dem wir inzwischen zuschauen müssen.

Wenn § 278a StGB so ausufernd missbraucht werden kann und die üblichen Mecha­nismen, dem Einhalt zu gebieten, nach sieben Wochen noch immer nicht gegriffen ha­ben, dann frage ich mich, wo wir eigentlich sind.

Es spricht nichts dagegen, Verfahren gegen einzelne auf freiem Fuß befindliche Perso­nen wegen Sachbeschädigung durchzuführen. Wenn sie etwas strafrechtlich Relevan­tes getan haben, dann ja. Jede Sachbeschädigung, jedes strafrechtlich relevante Detail ist zu verfolgen. Aber Sie haben nicht einmal einen einfachen Tatverdacht, und die Menschen sitzen in Untersuchungshaft. Nur bei dringendem Tatverdacht ist eine Un­tersuchungshaft zulässig! (Abg. Mandak: Seit sieben Wochen!)

Seit sieben Wochen sitzen diese Menschen in Untersuchungshaft, die am Montag auf weitere zwei Monate verlängert wurde. Wenn Sie es sich erlauben, da nur einmal vor­sichtig nachzudenken, finden Sie dann nicht auch: Das ist wirklich ein Skandal!?

Das, was wir brauchen, ist die sofortige Enthaftung dieser zehn Beschuldigten. Führen Sie gegen auf freiem Fuß befindliche Personen ein Verfahren! Wir brauchen eine so­fortige Reparatur dieses unseligen und, wie wir jetzt wissen, für jeden Missbrauch an­fälligen § 278a StGB. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen.)

15.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich nun die Bundesministerin für Justiz Dr. Berger zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Mi­nuten nicht übersteigen. – Bitte.

 


15.21.15

Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte meiner Stellungnahme zum vor­liegenden Antrag einige grundsätzliche Bemerkungen zum Verhältnis „Politik und Jus­tiz“ voranstellen.

 


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