Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 138

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer zu Wort. 5 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


15.57.52

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Erstens: Kein Organ der Republik Österreich ist kritikfrei. Es gibt keinen kritikfreien Raum.

Zweitens: Es kann im Sinne der kontinentaleuropäischen Lehre der abstrakten Formu­lierung von Tatbeständen keinen Paragraphen geben, der den Appendix hat: Miss­bräuchliche Anwendung ist verboten. – Sie können sagen: No na!, aber es darf kein einziger Paragraph des österreichischen Strafgesetzbuches – auch nicht in den Ne­bengesetzen – missbräuchlich angewendet werden. Das ist einmal klar.

Damit, würde ich sagen, ist dem Raum, diesem Entschließungsantrag beizutreten, doch ein bisschen der intellektuelle Boden entzogen, denn es wird eine Gesetzeser­gänzung des § 287a dahin gehend verlangt, dass dessen missbräuchliche Anwen­dung – jetzt kann man noch sagen: auf Nicht-Regierungsorganisationen – künftig aus­geschlossen ist.

Ich würde sagen, das geht nicht, denn entweder sind die abstrakten Tatbestandsmerk­male eines einzelnen strafrechtlichen Tatbestandes, eines Paragraphen erfüllt oder sie sind nicht erfüllt.

Wenn wir nun zu dem Punkt kommen, dass reale Sachverhaltselemente fehlerhaft oder – jetzt füge ich hinzu – in missbräuchlicher Weise als Tatbestandsmerkmale eines Paragraphen des Strafrechtes unterstellt oder so gedeutet werden, dann ist das eine andere „Baustelle“.

Da sind wir zunächst einmal bei der polizeilichen Arbeit. Ich darf doch in aller – un-
ter
Anführungszeichen – „Freundschaft“ darauf verweisen, dass die geschätzte Frau Volks­anwältin Stoisits für polizeiliche Dinge zuständig ist und dass bis zur heuti-
gen Stunde – wir haben das überprüft – keine Missstandsfeststellung der Volksanwalt­schaft in Bezug auf die Handlungen, über die wir hier sprechen, auffindbar ist. Da hapert es also irgendwie im grünen Gebiet der Beobachtung von Missbräuchen. (Abg. Mag. Steinhauser: Es gibt ja keine ...!)

Na ja, wenn der gesamte Sachverhalt polizeilich zunächst fehlerhaft erfasst worden ist, dann darf man doch diese Kontrollfrage stellen, warum die von den Grünen entsendete Volksanwältin eine Missbrauchs- oder Missstandsfeststellung bisher noch nicht getrof­fen hat. (Abg. Dr. Graf: Weil die Grünen nicht mit ihr sprechen!)

Ob und inwieweit die uns zur Kenntnis gebrachten Sachverhalte – und es gibt keine Notwendigkeit, dass irgendjemand außer denen, die unmittelbar von den betroffenen Personen damit betraut sind, Aktenkenntnis erhält, weil diese ja immerhin der gesetzli­chen Verschwiegenheitspflicht unterliegen –, wenn es also so ist, wie es in der Begrün­dung des Antrages drinsteht, und wenn das zutrifft, was man in den Medien darüber le­sen konnte, so möchte ich persönlich nicht verhehlen, dass gute Gründe zum Zweifel daran bestehen, dass der § 278a treffsicher angewendet worden ist – ich möchte sogar hinzufügen: wahrscheinlich nicht –, sondern dass eher die Bestimmung des § 278, der ja auch angezogen worden ist, die richtigere sein dürfte. Das kann wohl so sein.

Tatsache ist, dass die staatlichen Organe in Richtung der Vollziehung in Ansehung die­ser Sachverhalte bei Gericht zum Vollzug anstehen. Ob und inwieweit der Kniefall vor der alltäglichen Richtigkeit der unabhängigen Justiz im Einzelfall angebracht ist oder nicht, möchte ich in aller aufklärerischen Nüchternheit sozusagen nicht als gegeben er­achten. Aber vom Ansatz her wiederhole ich, dass ein Entschließungsantrag, dass a) überhaupt Gesetze angewendet werden sollen und dass b) im Einzelfall ein bestimmter


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