Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll68. Sitzung / Seite 73

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und politische Eliten, die permanent in anderen Ländern unterwegs sind? Wer denkt über so etwas nach? Also, ich habe noch nie in meinem Leben darüber nachgedacht, eine Haushaltsversicherung in Irland abzuschließen. Mag sein, dass das in Portugal wirklich ein Thema ist und dass die Kommission in Portugal damit wirklich gewinnt. Ich sage nur eines – das habe ich auch damals bei der Diskussion gesagt –: Das sind nicht die Themen, die die Menschen berühren!

Was die Menschen berührt, ist steigende Arbeitslosigkeit, steigende Preise und Fragen der sozialen Sicherungssysteme. Darauf hat Barroso sofort gemeint: Für die sozialen Sicherungssysteme sind wir nicht zuständig, das sollen die Mitgliedstaaten machen. – Wobei er nur 5 Minuten später die Mitgliedstaaten darauf hingewiesen hat, dass sie ihre sozialen Sicherungssysteme reformieren müssen, nämlich „downsizen“, sprich: einschränken.

Das ist eine Politik, die man kritisieren darf. Ich sage Ihnen auch Folgendes: Wenn ich die Politik in der Europäischen Union kritisiere, bin ich deshalb kein Anti-Europäer. (Präsident Dr. Spindelegger gibt das Glockenzeichen.) Auch wenn die Grünen die Po­litik der Bundesregierung kritisieren, sind Sie deshalb nicht Anti-Österreicher. Es ist le­gitim, die Politik der Europäischen Kommission und des Rates zu kritisieren und trotz­dem Europäer zu sein, und das sind wir. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.06


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Ich begrüße auf der Galerie den erschienenen Herrn Landeshauptmann von Kärnten Dr. Jörg Haider. (Beifall beim BZÖ.)

Zu Wort gelangt als Nächste Frau Abgeordnete Dr. Karl. Redezeitbeschränkung: 5 Mi­nuten. – Bitte.

 


12.06.50

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Re­gierungsmitglieder! Hohes Haus! Fast schon reflexartig wird in jeder EU-Diskussion ein soziales Europa gefordert. Wie soll aber dieses soziale Europa eigentlich aussehen? Sollen die Mitgliedstaaten ihre Kompetenzen im Sozialbereich an Europa abgeben? Soll es künftig nur noch eine europäische und keine nationale Sozialpolitik geben? Wollen die Unionsbürger überhaupt eine europäische Sozialpolitik, die für alle 27 Mit­gliedstaaten einheitliche Standards festlegt? Wollen etwa die österreichischen Bürger das gleiche Sozialniveau wie in Portugal, Polen, Tschechien, Rumänien oder Bulga­rien? Soll das dieses vielgepriesene soziale Europa sein?

Ist es den Mitgliedstaaten nicht doch lieber, wenn die Kompetenz im Bereich der Sozi­alpolitik bei ihnen verbleibt und die EU nur unterstützend und ergänzend tätig wird? (Abg. Hornek: Ja!) Wenn es das ist, was mit einem sozialen Europa gemeint ist, dann kann ich Sie alle beruhigen, das haben wir nämlich bereits. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Das Gegenteil ist der Fall!)

Das Problem besteht darin, dass die meisten, die vehement ein soziales Europa for­dern, gar nicht wissen, auf welchem Ist-Stand sich Europa in diesem Bereich befindet. Ich bin dagegen, ein sozialeres Europa zu fordern und das, was im Sozialbereich auf nationaler Ebene bereits erreicht wurde, einfach auszublenden.

Wahr ist natürlich, dass die EG als Wirtschaftsgemeinschaft gestartet ist. Anfänglich wurden sozialpolitische Maßnahmen nur dann gesetzt, wenn dies der Schaffung und Weiterentwicklung des Binnenmarktes dienlich war. Dies hat sich aber bereits im Jahre 1987 mit Inkrafttreten der Einheitlichen Europäischen Akte geändert. Auch in der Folge wurden durch die Verträge von Maastricht, Amsterdam und Nizza die europäi­schen Kompetenzen im Sozialbereich kontinuierlich ausgebaut. Selbst in jenen Berei­chen der Sozialpolitik, in denen die EU wenig bis gar keine Kompetenzen hat – weil


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