Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll72. Sitzung / Seite 84

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Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.38.49

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Herr Präsident! Hohe Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Fernsehzuschauer! Ich darf den Zen­tralsatz des Verständnisses von Wirtschaft, Wirtschaftspolitik und Finanzpolitik der Freiheitlichen Partei voranstellen, der da lautet: Kein Teil der Gesellschaft soll von einem anderen Teil der Gesellschaft ungerecht zehren.

Natürlich sind wir dabei zwangsläufig, Herr Kollege Westenthaler, bei Inhalten schwieri­gen Verständnisses über Fragen der Verteilungsgerechtigkeit. Die Verteilungsgerech­tigkeit ist nämlich jeweils nicht als eherner Block über die Jahrzehnte zu tradieren, sondern angepasst nach aktuellen Verhältnissen neu zu bewerten.

Ich komme nun zu einem Bereich von Mitgliedern unserer Gesellschaft, denen sehr viel versprochen wurde und denen gegenüber von den Regierenden bisher nichts ge­halten worden ist. Ich spreche vom Mittelstand.

Ich darf kurz die objektiven Fakten zitieren: 2,5 Millionen Einkommen- und Lohnsteuer­pflichtige zahlen zufolge des aktuellen Bestandes der Einkommen- und Lohnsteuerkur­ve keine Einkommen- und Lohnsteuer;2,5 Millionen der Erwerbstätigen zahlen diese.

Zuletzt wurde im Jahre 1987 der Spitzensteuersatz bei heute umgerechnet 51 000 € festgelegt – 1987! Damals waren weniger als 50 000 Menschen betroffen; heute – die Kurve ist unverändert erhalten geblieben – sind 500 000 Menschen davon betroffen. Das heißt, dass ein Maß der Ungerechtigkeit, des Zehrens von diesem Mittelstand ein­getreten ist, der unerträglich ist, und ich garantiere namens der Freiheitlichen Partei, dass, wenn die Freiheitliche Partei Durchsetzungskraft hat, dieser Zustand sofort geän­dert werden wird. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Sie waren ja auch einmal in der Regierung!)

Es geht nicht an, dass über Jahre und Jahrzehnte und auch heute wieder der Mittel­stand beschworen wird, die Pflege des Mittelstandes als Phantasmagorie von den Lip­pen der Mächtigen beschworen wird, und es nichts dahinter! Schall und Rauch, nichts dahinter! Die Freiheitliche Partei garantiert die Entlastung des Mittelstandes in der nächsten Legislaturperiode. (Beifall bei der FPÖ. – Rufe bei der SPÖ: Wie denn?)

Nächster Punkt: Ich komme ganz nüchtern zur Frage der Senkung der Umsatzsteuer. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Alkoholiker mögen sich beruhigen; ich gehöre zu den Mineralwasser-Trinkern. – Ich beschreibe die Effekte einer Senkung der Umsatzsteuer betreffend Grundnahrungsmittel in ganz nüchternen Worten. In Basis-Lehrbüchern für Nationalökonomie ist nachzulesen, in Grundkursen dafür mit Volks­schulcharakter zu hören, dass eine steuerliche Maßnahme nie einen einzigen Effekt hat.

Was wären die Effekte einer Senkung der Umsatzsteuer, sofern diese heute beschlos­sen werden sollte? (Abg. Scheibner: ... zum mitschreiben!) – Sie können gerne mit­schreiben, wenn ich spreche. Wenn Sie Stenographie können, noch besser für Sie. (Abg. Scheibner: Ich schreibe normal mit!) – Was wären die Konsequenzen?

Schritt eins: Es gäbe klarerweise einen volkswirtschaftlich erwünschten Inflationsdämp­fungseffekt. – Das sagt auch der Präsident der Nationalbank; das ist eine unverdäch­tige Quelle, denn es haben ja Rot und Schwarz den Herrn bestellt.

Zweiter Effekt: Da es sich mikroökonomisch zugegebenermaßen um nicht mächtige Beträge handelt, ist davon auszugehen, dass diese Beträge sofort wieder in den Kon­sum einfließen. Wenn wir also von 400 oder 600 Millionen € sprechen, so sind das


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