Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll72. Sitzung / Seite 373

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

mit der Europäischen Union und ihrer Politik artikuliert, das uns allen zu denken geben muss. Dieses generelle Unbehagen fand auch im irischen Referendum über den Lissa­bon-Vertrag seinen Ausdruck.

Auch in Österreich besteht gegenwärtig eine weit verbreitete Skepsis gegenüber der EU. Nachdem eine überwältigende Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher 1994 für einen Beitritt zur Europäischen Union gestimmt hat, begegnen wir heute einer Stimmung der Verunsicherung und manchmal auch Ablehnung. Viele Menschen sind enttäuscht und verärgert über die geringen Fortschritte, die die EU auf dem Weg zu einer Sozialunion erreicht hat.

Viele Menschen beklagen das Demokratiedefizit der EU und die mangelnde Transpa­renz. Und viele Menschen haben den Eindruck, dass sich die EU nicht mit ihren tat­sächlichen Problemen beschäftigt, sondern primär mit sich selbst. Österreich soll sich als aktives Mitglied dafür einsetzen, dass die EU zu einer echten Sozialunion wird. Die Auswirkungen europäischer Entscheidungen auf Arbeitnehmer und klein- und mittel­ständische Unternehmen müssen wesentlich stärker berücksichtigt werden. Der öster­reichische Arbeitsmarkt, der sich nun wieder so positiv entwickelt, muss durch Über­gangsfristen geschützt bleiben. Im Rahmen des Kampfes gegen den Klimawandel muss auch das Transitproblem endlich gemeinsam gelöst werden.

Auf der Basis einer kontinuierlichen Information und einer offenen Diskussion wäre es sinnvoll, dass Vertragsänderungen, die die österreichischen Interessen berühren, durch eine Volksabstimmung in Österreich entschieden werden sollen. Sollte also ein geänderter Reformvertrag neuerlich von Österreich ratifiziert werden müssen, sollte diese Vorgangsweise gewählt werden. Dies gilt auch für einen möglichen Beitritt der Türkei, der die derzeitigen Strukturen der EU überfordern würde. Wir wollen an einem Europa arbeiten, das sich an den Bedürfnissen und Wünschen der Menschen auf die­sem Kontinent orientiert, und damit das Vertrauen in dieses große Einigungswerk wie­derherstellen.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle notwendigen Maßnahmen zu setzen,
um sicher zu stellen, dass zukünftige wesentliche Änderungen der Verträge über die Europäische Union und über die Arbeitsweise der Europäischen Union, die die ös­terreichischen Interessen berühren, durch eine Volksabstimmung in Österreich ent­schieden werden sollen. Das gilt auch für den Fall der Ratifizierung eines geänderten Vertrages von Lissabon und insbesondere auch für einen möglichen Beitritt der Türkei zur EU.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Strache, Dr. Bösch und weiterer Abgeordneter betreffend Widerruf der Ratifikation des „EU-Reformvertrages von Lissabon“

eingebracht in der 72. Sitzung des Nationalrates am 24. September 2008 im Zuge der Debatte über den Antrag 907/A der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kollegin-


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite