Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung / Seite 22

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Politik Jörg Haiders, vor allem die Politik der letzten Jahre weiterführen, am Leben erhalten. – Danke, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

10.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Klubvorsitzende Dr. Glawischnig-Piesczek zu Wort. 8 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


10.06.19

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundespräsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Auch ein herzliches Willkommen den neuen Abgeordneten, auch in den eigenen Reihen! Ich denke, wenn man Entscheidungen für die Zukunft trifft, sollte einem sehr genau bewusst sein, woher man kommt, um weiter in die Ver­gangenheit zu gehen, sollte man sehr genau wissen, woher man kommt.

Wir wurden heute hier als freie Abgeordnete auf die österreichische Bundesverfassung vereidigt; die österreichische Bundesverfassung, die die Grundrechte, die Menschen­rechte, die auch die Unabhängigkeitserklärung enthält, den Grundstein der Zweiten Republik. Und dieser Grundstein enthält ein klares Bekenntnis zum Antifaschismus. Die antifaschistischen Parteien Österreichs erklären die Unabhängigkeit der Zweiten Republik.

Wir haben mit 2008 ein Jahr, in dem wir die Geschichte sehr ernst behandeln hätten können, auch einige Baustellen aus der Geschichte hätten schließen können. 2008 sollte ein Jahr des Erinnerns und des Gedenkens werden.

Vor 70 Jahren, 1938, wurde Österreich ein Teil Hitler-Deutschlands mit dem soge­nannten Anschluss. Für Tausende Menschen, insbesondere für unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, begannen Verfolgung, Folter und Tod.

Im November 1938, also auch vor 70 Jahren, fast auf die Tage genau, begann die systematische Verfolgung in der „Reichskristallnacht“. Vertreibungen, Enteignungen, Plünderungen, vor allem auch in Wien, die Zerstörung von Synagogen und Bet­häusern, 6 547 Jüdinnen und Juden wurden verhaftet, 3 700 wurden sofort in das Konzentrationslager nach Dachau deportiert. Geschäfte wurden zerstört oder zwangs­geräumt, und dem wirtschaftlichen Ruin dieser Bevölkerungsgruppe in Österreich folgte die systematische Ermordung.

125 000 Jüdinnen und Juden konnten sich vom österreichischen Gebiet ins Ausland retten. 65 000 Menschen, darunter auch viele Kinder, wurden ermordet.

Es ist, so glaube ich, eine Grundvoraussetzung für jedes Amt, das diese Republik repräsentiert, und das tut das Präsidium des Nationalrates, die kompromisslose Ablehnung des Nationalsozialismus auch deutlich zu machen! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Wahl des Dritten Präsidenten des Nationalrates ist keine formale, keine Procedere-Frage, sondern sie ist eine politische Frage. Es ist das auch eine geheime und freie Wahl aller Abgeordneten dieses Hauses, eine Gewissensentscheidung. Es ist das keine reine Geschäftsordnungsangelegenheit, sondern eine politische Frage: Wie orien­tieren wir uns hier in diesem Jahr 2008?

Martin Graf, Sie haben erklärt, Sie distanzieren sich von allen totalitären Regimen, auch vom Nationalsozialismus. Ich muss Ihnen aber trotzdem Folgendes sagen: Ihre Mitgliedschaft bei „Olympia“ und all die Vorfälle, die dort stattgefunden haben, erwecken in uns den Eindruck, es handle sich hier um ein reines Lippenbekenntnis.

Ich möchte Sie, Herr Martin Graf, noch einmal fragen, wie Sie zu dem stehen, und ich möchte auch die Abgeordneten von ÖVP und SPÖ fragen, wie Sie zu diesen Vorfällen,


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite