Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 81

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beim Verhältnis zwischen den privaten Medien und dem ORF. Es hat ja heute schon ein Wortmelder des grünen Blocks moniert, dass man den ORF stärken muss. Er hat angeregt, dem ORF mehr Geld zu geben und zu überlegen, ob man nicht denjenigen Teil des vom Gebührenzahler inkassierten Betrages, der den Ländern für Kulturförde­rungen und Ähnliches zur Verfügung steht, direkt dem ORF geben kann. Ich fürchte, mit der Lockerung der Werbezeiten, die wir jetzt den Richtlinien gemäß für den privaten Teil des Medienbereichs beschließen werden, werden wir auch die Tür für neue Be­gehrlichkeiten des ORF nach mehr Geld öffnen.

Prinzipiell sind auch wir für die Erhaltung des öffentlichen Rundfunks und öffentlichen Fernsehens als einer wesentlichen Säule eines funktionierenden demokratischen Staatswesens – aber zu vernünftigen Bedingungen und zu vernünftigen Kosten! Das alles ist beim ORF in den letzten Jahren in keiner Weise mehr der Fall gewesen. Der ORF hat sich zu einem riesigen Monstrum entwickelt, und niemand im ORF ist bereit gewesen, die Konsequenzen daraus zu ziehen, dass man nicht mehr im Zeitalter des Monopols lebt und dass man nicht mehr hundert Prozent der Zuschauer bedient, son­dern dass man einer der Mitbewerber am Markt ist.

Ich darf auf eines verweisen: Der ORF allein hat so genannte Gebühreneinnahmen – also Steuereinnahmen, kann man sagen, denn zwischen Gebühren und Steuern ist nur ein rechtstheoretischer, aber kein praktischer Unterschied für den Bürger –, die über 500 Millionen € im Jahr ausmachen. 500 Millionen €, das ist bedeutend mehr als die Gesamtsumme aller Werbeeinnahmen, die private Medienteilnehmer am österreichi­schen audiovisuellen Markt erzielen; das ist bedeutend mehr! Allein die Gebührenein­nahmen, die öffentliche Finanzierung des ORF, übersteigt das Finanzierungsfunda­ment aller privaten Anbieter bei Weitem. Private Anbieter haben nichts anderes als Werbeeinnahmen, das heißt, Werbeeinnahmen sind ihr alleiniges Fundament.

Der ORF geht mit diesen Geldern in einer Weise um, die wir eigentlich nicht tolerie-
ren sollten. Der ORF hat Kosten von über 1 Milliarde € im Jahr, beschäftigt weit über 4 000 Mitarbeiter und bewegt sich in einem Kostenrahmen, der ungefähr das Doppelte von jenem vergleichbarer öffentlich-rechtlicher Anstalten beträgt. Die Anstalten etwa in Finnland, in Dänemark, in Norwegen, aber auch in Belgien kommen mit etwa der Hälfte des Budgets des ORF aus und machen auch passable, dem öffentlich-rechtlichen Auftrag entsprechende Programme, sowohl Fernseh- als auch Rundfunkprogramme in gleicher Zahl, üblicherweise auch zwei Fernsehprogramme und zwischen zwei und fünf Rundfunkprogramme.

Wir brauchen hier das Doppelte für einen vergleichbaren Markt, und noch dazu für einen Markt, in dem wir auch sehr viel auf dem riesigen deutschen Markt zukaufen können. Der deutsche oder deutschsprachige Markt ist ja einer der größten Medien­märkte, und jeder, der zukaufen kann, ist in einer wirtschaftlich äußerst günstigen Lage, in einer viel besseren Lage als einer, der alles selbst produzieren muss – wie einer, der auf dem dänischen oder finnischen Markt auftritt, wo es nichts zuzukaufen gibt. Da kann man zukaufen und synchronisieren, aber kein fertiges Produkt erwerben.

Der ORF hat Strukturen, von den Direktoren herab angefangen, die einfach so nicht beibehalten werden sollen. Die gültigen Verträge der Direktoren stellen fest, dass un­abhängig von der Dauer ihrer Beschäftigung zwölf Monatsgehälter als Abfertigung zu zahlen sind. Das ist aber nur ein kleiner Teil; ich möchte hier keine Abrechnung mit dem Privilegienstadel ORF machen, das ist nur ein Streiflicht gewesen.

Ich bitte daher, bei diesem Beschluss über die Lockerung der Werbezeiten, den wir letztendlich mittragen werden, jetzt schon klarzustellen und jetzt schon die innere Ent­scheidung in allen Klubs zu treffen, dass das nicht der Anfang für eine neue Zusatz­finanzierung des ORF aus Steuermitteln, aus öffentlichen Geldern werden darf, son-


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